Ausbeutung auf zwei Rädern

Foodora ist ein Lieferdienst für Restaurants, die keinen eigenen Lieferdienst haben. Gerade einmal 30 Minuten haben die Fahrradkuriere Zeit, um das Essen abzuholen und an die Tür zu liefern. Lisa Kripzak berichtet über die schweren Arbeitsbedingungen bei einem der größten Lieferservice Deutschlands.

Essenslieferungen ist in Deutschland ein hart umkämpfter Markt. Die Unternehmen verdienen an einzelnen Bestellungen meist nur wenig Geld. Somit rentiert sich das Geschäft nur bei einer großen Anzahl und niedrigen Preisen. Wer sein Essen allerdings besonders umweltfreundlich geliefert haben möchte, kann bei Foodora bestellen.

„Fünf Minuten vor Schichtbeginn habe ich mir meine Fahrrad-Klamotten angezogen, hab mich in die App eingeloggt, das GPS angeschaltet und auf die erste Bestellung gewartet. Dann klingelt das Handy, es war ein furchtbares Geräusch, sehr, sehr laut“, berichtet ein Foodora-Lieferant gegenüber „Gründerszene“. Auf Google Maps wird dann das Restaurant angezeigt, in dem die Bestellung abgeholt werden soll. Der Fahrer tritt in die Pedale und muss das Restaurant und Kunden in möglichst geringer Zeit erreichen. Dieser Vorgang soll maximal 30 Minuten in Anspruch nehmen, was den Lieferanten aber immer mehr Druck bereitet und ins Schwitzen bringt.

Foodora wurde in München unter dem Namen „Volo GmbH“ im Jahre 2014 gegründet. Den Namen Foodora bekam das Unternehmen, als es 2015 von Delivery Hero übernommen wurde und nach Berlin zog. Es bietet die Lieferung von ungefähr 5.500 Restaurants in insgesamt zehn Ländern und 20 Städten an. Dazu gehört auch Braunschweig. Außerdem verfügt das Unternehmen über 5.500 Fahrer, wovon ein Drittel in Deutschland aktiv ist.

Im Gegensatz zu den „klassischen“ Essenslieferdiensten hat Foodora eine eigene Logistik und bietet die Essensauslieferung für Restaurants an, die ansonsten keinen Lieferservice anbieten würden. Diese Restaurants werden nach bestimmten Kriterien, wie zum Beispiel Bewertungen, Qualität und Hochwertigkeit ausgewählt und somit in das System aufgenommen. Die Bestellwerte liegen im Durchschnitt bei ca. 30 Euro, wovon das Unternehmen eine Provision von 25-30 Prozent Umsatz erzielt. Das Geschäft rentiert sich am meisten, wenn der Fahrer im Schnitt 1,5-2,5 Bestellungen ausliefert.

Durch einen Algorithmus werden die Essensbestellungen den Lieferanten zugeordnet. Das Smartphone wird dabei zur digitalen Stechuhr und misst nicht nur die Anzahl der ausgeführten Lieferungen pro Stunde, sondern beispielsweise auch die Durchschnittsgeschwindigkeit beim Treppensteigen und Fahrradfahren. Durch die ausgewerteten Statistiken wird der Lohn der Lieferanten abgeleitet. Die meisten Fahrer brauchen für die Auslieferung einer Bestellung nicht mehr als 10 Minuten, da die Restaurants geographisch limitiert sind und sich dadurch längere Strecken vermeiden lassen. Wenn genügend Bestellungen und damit Schichten vorhanden sind, können sich die Lieferanten diese auch frei einteilen.

Doch der flexible Job hat auch seine Schattenseiten. Um überhaupt bei Foodora arbeiten zu können, benötigt man ein Smartphone und ein Fahrrad. Diese Ausgaben werden keinesfalls vom Arbeitgeber übernommen, sondern müssen vom Fahrradkurier selbst bezahlt werden. „Natürlich macht es mir etwas aus, mein eigenes Handy zu benutzen. Jedes Mal, wenn ich es in der Hand habe, besteht die Gefahr, dass es runterfällt oder nass wird und kaputtgeht. Aber wir Fahrer haben einfach keine andere Wahl. Und für Foodora ist das ein kleines Schlupfloch, um Kosten zu sparen.“, so ein Foodora-Fahrer gegenüber dem „Bayrischen Rundfunk“.

 Durch die ständige Messung der Durchschnittsgeschwindigkeit entsteht nicht nur psychische, sondern auch physische Belastung. Wenn nicht genügend Schichten vorhanden sind, startet ein Wettbewerb unter den Lieferanten, wodurch diese noch mehr unter Druck geraten. Es herrscht zudem ein fortwährender Konkurrenzdruck zwischen den Lieferservices, der auch an die Lieferanten weitergegeben wird. Daraus folgen Lohnkürzungen oder auch die Abschaffung von Zuschlägen.

Auch die Dankbarkeit der Kunden hält sich in Grenzen. „Als Fahrer will man ja Trinkgeld haben, aber die Leute wollen keins geben, wenn etwas schief geht. Auch, wenn es fast nie die Schuld des Fahrers ist. Oder sie sind total sauer, wenn etwas kalt ist oder zu spät kommt. Dabei ist der Fahrer nur der Ausführer.“, berichtet ein Foodora-Lieferant gegenüber „Gründerszene“.

Der Konkurrenzkampf der Lieferservice-Unternehmen wird wohl in der nächsten Zeit kein Ende nehmen. Allerdings ist bei der nächsten Bestellung abzuwägen, in welche Hände man seine Bestellung gibt und ob man die Arbeitsbedingungen von Foodora unterstützen möchte.

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