Das 1×1 der Wahrsagerei

Das Bedürfnis in die Zukunft zu schauen ist zeitlos, nur die Methoden haben sich im Laufe der Zeit vervielfältigt. Gute Menschenkenntnis, Freundlichkeit und Empathie sind wichtige Punkte, die ein überzeugender Wahrsager besitzen muss.

Mein Herz klopft, während ich den Worten meiner Wahrsagerin lausche. Meine Hände fangen an zu schwitzen und ich lache nervös auf.  Vorsichtig versuche ich mir den Schweiß an der Hose abzuwischen. Das ist doch nur ein Gespräch.

„Du befindest dich in einer beruflichen Veränderung. Du bist noch nicht angekommen. Du bist von vielen Männern umgeben“. Alle Punkte sind so vage formuliert, dass nicht nur ich mich damit identifizieren kann. Nutzen WahrsagerInnen also ihre gute Menschenkenntnis aus, um die Gestik und Mimik ihres Gegenübers zu deuten und daraus richtige Vorhersagen zu schließen oder empfangen sie tatsächlich Einflüsse die dem normalen Menschen verborgen bleiben?

WahrsagerInnen besitzen zum einen eine gute Beobachtungsgabe. Diese wird verwendet, um geeignete Vorhersagen zu treffen. Eine Frau Mitte 20 hat noch ihr ganzes Leben vor sich. Da ist es nur naheliegend, dass sie sich noch beruflich umorientieren kann oder von vielen Männern umgeben ist. Besonders der letzte Teil der Aussage ist sehr vielseitig interpretierbar. Welches Maß setzt fest, was „viel“ ist? Sind es zwei Männer oder drei oder vier? Hier kann man sich das wohl selbst aussuchen. Das Wort „Männer“ ist vage formuliert. Handelt es sich hierbei um Brüder, Verehrer oder Arbeitskollegen? Dies wird nicht näher definiert.

Man kann aus dem Verhalten, aus der Kleidung, aus dem Alter und aus vielen anderen Kleinigkeiten Details über eine fremde Person herauslesen. Diese Technik nennt man „Cold Reading“. Die Chance bei einer aufgeschlossenen Person ist höher, dass sie viele Freunde hat, als bei jemanden, der schüchtern ist. Natürlich kann es sein, dass einige Wahrsager diese Technik unbewusst anwenden. Dennoch ist dies dann keine echte Vorhersage.

Es werden auch Vorhersagen genannt, die eintreten. Dazu werden die Aussagen so vage und allgemein formuliert, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass diese nicht eintreten. Welcher Mensch verliebt sich nicht mindestens einmal im Leben oder wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die erste Liebe tatsächlich hält? Deshalb können sich auch viele Menschen mit ihrem Horoskop identifizieren. Schließlich müssen diese so vage formuliert werden, dass sie auf Tausende von Menschen zutreffen. Sobald man fest mit etwas rechnet, tritt es auch ein. Dies resultiert, laut Journalisten und Psychologe Sebastian Batoschek, aus einer unbewussten Beeinflussung unseres Verhaltens. Geht man also davon aus, dass eine Beziehung scheitern wird, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese Beziehung tatsächlich enden wird. Es hat demzufolge nichts mit Wahrsagerei zu tun, sondern mit der eigenen Psyche.

Doch wann wurde jemals eine Vorhersage getroffen, die mit einem Datum versehen wurde und die dann tatsächlich so eingetreten ist? Bei mir jedenfalls nicht. Mir wurde vorhergesagt, dass ich mein Studium voraussichtlich in zwei bis drei Jahren beenden werde. Eine Tatsache, die ich auch ohne zum Wahrsager zu gehen, errechnen kann.

Unsere Erinnerung funktioniere so, dass wir uns besser an die Aussagen erinnern die stimmen oder zu stimmen scheinen, als an die, die falsch waren., sagt Bernd Hader Vorstandsmitglied und Pressesprecher der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften. Deshalb glauben auch viele Menschen an die Fähigkeiten von WahrsagerInnen. Aussagen werden so ausgerichtet, dass man sie auf sich beziehen kann. Ist der Wahrsager empathisch und freundlich, so ist man eher geneigt den Worten zu glauben. Dennoch handelt es sich hierbei um nichts weiteres als gute Menschenkenntnis und eine noch bessere Beobachtungsgabe. Daher sollte man sich genau überlegen, ob man zu WahrsagerInnen gehen will oder nicht.

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