Geld ist nicht gleich Geld
Wie viel Geld gibt es auf der Welt? Diese Frage beschäftigt selbst Kinder. Wird von Geld geredet, denken viele an Münzen und Scheine. Doch Achtung! Geld ist nicht gleich Geld. Von dem bekannten Bargeld, über das Buchgeld bis hin zu Schulden oder Wertpapieren. All das wird den Geldmengen M1 bis M3 bei der Geldmengendefinition des Eurosystems untergeordnet. Begriffe wie Geldmenge, Buchgeld oder Liquiditätsnähe wird den wenigsten bekannt sein, doch eines steht fest: Die Deutschen und ihr Bargeld sind unzertrennlich. Mit rund 74 Prozent der Transaktionen ist Bargeld das am häufigsten genutzte Zahlungsinstrument in Deutschland. Laut einer Studie, der Deutschen Bundesbank über das Zahlungsverhalten in Deutschland 2017, lehnen 88 Prozent der Befragten eine Bargeldabschaffung ab und möchten auch in Zukunft weiterhin mit Bargeld bezahlen.
Auf einen Blick
Buchgeld: Guthaben auf den Bankkonten
Geldmenge: Wichtige Ökonomische Größe durch den Zusammenhang mit der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen
M1: Beschreibt die zahlungsfähige Geldmenge, also jene, über das jederzeit verfügt werden kann
M2: Zu M1 rechnet man Spar- und Termineinlagen
M3: Neben der Geldmenge M2 weitere kurzfristige Geldanlagen, die von Banken und Finanzinstituten ausgegeben werden
Von offizieller Seite heißt es, dass die Tendenz zur Einschränkung des Barzahlungsverkehrs in der Europäischen Union eine Antwort auf politische Fragen wie der Bekämpfung von Terrorismus und Schattenwirtschaft sei. So wurde zum einen die Produktion und Ausgabe des 500-Euro-Scheins 2018 eingestellt, zum anderen wurde bis September letzten Jahres über eine Barzahlungsobergrenze von 5.000 Euro debattiert. Auch kam häufiger die Frage der Notwendigkeit von 1 und 2 Cent Münzen auf. Länder wie Schweden und die Vereinigten Staaten von Amerika leben es bereits vor: Den sogenannten „War on cash“. Alles wird mit Debit- oder Kreditkarte gezahlt. Ob der Kaffee bei Starbucks oder der Frozen Yogurt. Selten wird hier noch Bargeld verwendet. Doch ist eine Bargeldabschaffung in Deutschland überhaupt möglich?
Was sind Negativ Zinsen?
Negativzinsen sind Zinsen, die ein Gläubiger an den Schuldner entrichten muss. Derzeit müssen Banken Negativzinsen auf Einlagen bezahlen. Es wird unter anderem auch die „Konsumsverweigerungssteuer“ genannt, da die Banken ihr Geld nicht in Form von Krediten an Privatpersonen oder Unternehmen verleihen, sondern bei der EZB als Einlage horten.
Das Problem der Bargeldgegner
Bargeldgegner, darunter vor allem Banken, der Staat oder der CDU- Politiker Wolfgang Schäuble, sehen in dem Zahlungsmittel ein großes Problem. Sie argumentieren, dass Raub und Diebstahl von Bargeld beseitigt werden könnte. Zudem sind sie der Meinung, dass Geldwäsche, Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung abgeschafft werden könnten. Außerdem sind viele der Meinung, dass Bargeld ein Relikt der Vergangenheit sei und die Produktion zu teuer und ineffizient ist. Diese vermeintlichen Folgen sind jedoch alle rein spekulativ, da sie nicht belegbar sind. Fest steht, dass 30 Prozent des gesamten Banknotenumlaufs innerhalb Deutschlands verwendet werden, wovon schätzungsweise zwei Drittel gehortetes Bargeld ist. Dabei wäre vor Allem einer der große Gewinner bei der Abschaffung von Bargeld: Die Europäische Zentralbank (EZB). Ohne Bargeld ließen sich Negativzinsen leichter durchsetzen. Mit Hilfe dieser soll die Wirtschaft angekurbelt werden. Bisher hat die EZB nur von den Banken Negativzinsen für Einlagen verlangt. Durch Negativzinsen will die EZB die Kreditinstitute animieren ihr Kapital zur Kreditvergabe zu nutzen. Somit sollen Geschäfts- und Privatkunden von den Banken leichter Darlehen bekommen, wodurch die Wirtschaft angekurbelt wird. Die Problematik besteht darin, dass die EZB diese Negativzinsen für alle verpflichtend einführen wollen würde, damit das Geld nicht gehortet, sondern ausgegeben wird und somit die Wirtschaft floriert. Dies hätte allerdings zur Folge, dass die Menschen ihr Geld vom Konto abheben und als Bargeld horten würden. Würde also der Fall eintreffen, dass das Bargeld abgeschafft wird, hätte die EZB die Kontrolle darüber und würden ihr Ziel erreichen. Doch wie sehen weitere Geldpolitische Ziele der EZB aus? Neben dem angesprochenen Wirtschaftswachstum ist das Hauptziel der EZB die Bewahrung der Geldwert- und Preisniveaustabilität. Zudem will die EZB eine Konjunktur- und Wechselkursstabilität.
Bargeldbefürworter im Vormarsch
Es ist nicht zu leugnen, dass die Deutschen an ihren Scheinen und Münzen hängen. Das Euro-Bargeld ist ein stark nachgefragtes Produkt und laut der Deutschen Bundesbank steigt die Bargeldproduktion weiter an. Carl-Ludwig Thiele, Mitglied des Vorstandes der Deutschen Bundesbank, sagt in seiner Rede vom 30. April 2018: „Das Wachstum des Banknotenumlaufs ist ungebrochen. Seit der Euro-Bargeldeinführung hat sich dieser verfünffacht.“ Viele Deutsche geben an, dass sie einen besseren Überblick über Ausgaben haben mit Bargeld. Zudem dient Bargeld als Schutz vor Negativzinsen. Viele BürgerInnen sind der Meinung, dass Münzen und Scheine den Wert des Geldes besser vermitteln. Besonders die ältere Generation ist in Sorge, dass das Bezahlen per Smartphone kompliziert und unsicher ist. Doch die wichtigsten Punkte für die Befürwortung des Bargeldes ist die Anonymität und der Datenschutz. Bargeld ist einfach, sicher und hinterlässt keine digitalen Spuren. Es dient also als Abwehrinstrument gegen einen Überwachungsstaat. Ohne Bargeld drohen BürgerInnen zum gläsernen Menschen zu werden, da er überall Spuren hinterlässt. So ist Simone Boehringer, Journalistin der Süddeutschen Zeitung der Meinung: „Wenn Geld nur noch elektronisch verfügbar ist, können BürgerInnen per Knopfdruck enteignet werden. Eine bargeldlose Gesellschaft ist eine in Finanzfragen entmündigte Gesellschaft.“ Eine Abschaffung des Bargeldes würde also im Klartext die völlige Transparenz der Zahlungsströme aller Einwohner Deutschlands für den Staat bedeuten. Auch Prof. Dr. Thorsten Polest vom Ludwig von Mises Institut sieht die Freiheit der BürgerInnen durch eine Bargeldabschaffung bedroht: „Ohne Bargeld ist die finanzielle Privatsphäre der Bürger vollends dahin. Der Staat kennt dann jede Geldtransaktionen seiner Bürger, nichts bleibt unerkannt.“
Deutsche Geldgeschichte
- Finanzierung des 1. Weltkriegs führte zur Verschuldung des Staates bei seinen BürgerInnen
- Der Staat konnte seine Schulden selbst durch das Steueraufkommen nicht begleichen, sodass sie Geld druckten
- Dies führte zur Inflation und einer schleichenden Geldentwertung
- Somit war mehr Geld im Umlauf als Güter, wodurch die Preise für Güter anstiegen
- 1923 folgte eine Währungsreform durch den Staat, wodurch viele Sparer ihr Vermögen verloren
- Nach dem Zweiten Weltkrieg folgte eine erneute Währungsreform
Der Deutsche und die Angst vor der Inflation
Warum hängen die Deutschen so am Bargeld und weshalb macht ihnen der Gedanke der Abschaffung des Bargelds Angst? Sicherlich ist ein Faktor die wechselvolle deutsche Geldgeschichte. Die Hyperinflation in den 1920er Jahren trägt zusätzlich zum Misstrauen bei. Nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg erlebten die Deutschen jeweils eine Währungsreform. Diese hatten zur Folge, dass die Sparer ihr Vermögen verloren, da es zu einer Geldentwertung kam. Es gab mehr Geld und zu wenig Güter, sodass die Preise anstiegen. Somit verlor das Geld an Wert. Es ist also nicht verwunderlich, dass bei den Deutschen eine Art „Inflationsangst“ besteht. Eines steht fest: Ohne Inflation gibt es keine Wirtschaft. Jedoch ist es der Inflation zu verdanken, dass die Menschen über Jahre hinweg mit dem gleichen Geld immer weniger kaufen können. Dieser Prozess nennt sich Geldentwertung. Dabei verlieren Spareinlagen und Bargeld an Wert. Auch steht fest, dass den Deutschen viel an ihrer Privatsphäre und Freiheit liegt. Die Freiheit, Geld zu horten, wie es ihnen beliebt. Unkontrolliert von Banken und Staat. Ein ebenfalls wichtiges Thema in diesem Zusammenhang ist der Datenschutz. Sie fürchten ihre Anonymität zu verlieren, solle das Bargeld abgeschafft werden. Die Befürchtung, dass ohne Bargeld das Konsumverhalten gläsern für Konzerne wird ist zwar wirtschaftlich von Vorteil, was sicherlich den Staat sowie die EZB erfreuen würde, bedeutet aber in der Konsequenz die völlige Überwachung des Individuums. Ist es denkbar, dass die Abschaffung des Bargeldes nur ein Vorwand zur Umgehung des Verbots zur Vorratsdatenspeicherung ist? Diese wurde im Jahr 2010 vom Bundesverfassungsgericht für rechtswidrig erklärt. Dennoch arbeitet die Regierung stets an neuen Gesetzesentwürfen. 2017 sollte das “Gesetz zur Einführung einer Speicherfrist und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten” eingeführt werden. Dieses wurde allerdings drei Tage vor der Umsetzung von der Bundesnetzagentur ausgesetzt. Auch das Bundesverfassungsgericht hat die deutsche Vorratsdatenspeicherung gestoppt und aufgehoben. Zu viel spricht gegen die Vorratsdatenspeicherung: Die Möglichkeit des Missbrauchs gespeicherter Daten. Die Einschränkung der Persönlichkeitsrechte jedes Einzelnen. Deshalb muss jede Datenspeicherung auf das absolut Notwenigste beschränkt sein. Die FDP bezog in einem Schreiben vom Juli 2017 klar Stellung zur Einführung einer Bargeldobergrenze. So heißt es in dem Schreiben: „Finger weg von unserem Bargeld. Bargeld ist Freiheit.“
Kryptowährung als Alternative?
Ein heiß diskutiertes Thema der letzten Jahre waren die Kryptowährungen. Durch kryptographisch abgesicherte Protokolle und dezentrale Datenhaltung ermöglichen sie einen digitalen Zahlungsverkehr ohne Zentralisierungsinstanzen wie der Bank. Durch ihren dezentralen Aufbau benötigen sie keine Notenbanken und unterstehen keiner Behörde. Folglich haben sKryptowährungen keinen Single Point of Failure, der die Währung manipulieren könnte. Damit ist gemeint, dass es keinen Bestandteil gibt, bei dessen Versagen das ganze System ausfallen würde. Die Frage lautet, ob diese von Banken losgelöste Zahlungsmöglichkeit bei Abschaffung des Bargelds als alternatives Zahlungsmittel anbieten würde. Philipp Habdank, Journalist des Finance Magazins sieht das kritisch: „Ich denke nicht, dass sich eine staatlich unregulierte Kryptowährung wie der Bitcoin flächendeckend durchsetzen wird und zum Standardzahlungsmittel aufsteigt.“ Vielmehr sieht er sie als Spielerei an, die allerdings sehr unbeständig sei und somit sehr spekulativ. Deshalb kommt er zu dem Schluss, dass die Kryptowährungen als gängige Währung ungeeignet seien.
Bargeld = Freiheit
Ob beim Bäcker, in der Eisdiele oder an der Supermarktkasse: Bargeld ist in Deutschland als Bezahlmethode weiterhin äußerst beliebt. Auch, wenn die jüngere Generation immer häufiger Transaktionen mit Debitkarten tätigen und die Banken immer mehr mit Kreditkartenzahlung locken. Eines steht jedoch fest: Das Bargeld bedeutet besonders für die Deutschen ein Stückchen Freiheit.