Ehrensache Ehrenamt

Wer arbeitet, möchte Geld verdienen. Warum also ehrenamtlich arbeiten? Campus38 Autorin Saskia Pohl weiß aus eigener Erfahrung, dass sich ein Ehrenamt manchmal mehr auszahlt als ein großer Lohnscheck.

Eines ist mir beim Älter werden klar geworden, Zeit bekommt man nicht geschenkt. Es ist wohl das wertvollste Gut in der heutigen Gesellschaft. Denn niemand hat sie noch, die „Zeit“. Alle sind mit sich selbst beschäftigt und niemand gibt Acht auf das Miteinander. Es werden Nachtschichten fürs Studium eingelegt und die nächste Mahlzeit wird sich schnell am Bahnhof oder der Raststätte geholt bevor wir wieder zum nächsten Termin eilen. Aber wie viel Zeit hätten wir eigentlich wirklich, wenn wir nicht stundenlang am Handy, bei Netflix oder vorm Fernseher hocken würden? Jedenfalls genug, um sie in sinnvollere Aktivitäten zu investieren, beispielsweise ins Ehrenamt

Deutschland hat über 80 Mio. Einwohner, davon engagieren sich ab dem 15. Lebensjahr über 14 Mio. ehrenamtlich. Die Zahl ist zwar sehenswert, aber trotzdem ausbaufähig. Statistiken weisen auf, dass die meiste Beteiligung in Sportvereinen oder in Schulen erfolgt. Außerdem wird zwischen der langfristigen, der temporären ehrenamtlichen Arbeit und dem Voluntourismus unterschieden. Anders als bei einem typischen Ehrenamt handelt es sich bei Voluntourismus um einen Freiwilligendienst im Rahmen einer Reise die von Reiseunternehmen angeboten wird.

Das Bild was den Menschen sofort in den Kopf schießt, wenn sie „gemeinnützige Arbeit“ hören ist, dass regelmäßig, beispielsweise einmal die Woche, unentgeltlich für einen Verein oder eine Organisation gearbeitet wird. Es kann aber auch temporär gearbeitet werden, was so viel bedeutet, dass nur für eine begrenzte Zeit, wie in den Semesterferien, für einen Verein oder Ähnliches Arbeit verrichtet wird. Es kann also auch mit geringem, unregelmäßigem Aufwand geholfen werden. Das ist von hoher Bedeutung , denn viele gemeinnützige Organisationen sind auf die Hilfe und Arbeit von unbezahlten Personen angewiesen. Ohne das Engagement hätten sie keine Überlebenschance. Kosten, die bei der ehrenamtlichen Arbeit entstehen, werden erstattet.

In Diskussionen mit Freunden oder der Familie wiederholte sich immer wieder ein bestimmter Satz: „Ich kann doch sowieso nicht allen helfen“. Nein, das kann man auch nicht, aber wenn jeder seinen kleinen Teil dazu beiträgt, kann die Masse sehr viel bewirken. Die Idealzustände werden wahrscheinlich wirklich niemals vollständig erreicht werden können, aber es kann sich den Idealen angenähert werden. Meine Oma hat früher immer gesagt: „Stell dir vor, am Strand wurden durch den Sturm hunderte von Seesternen ans Ufer gespült. Du wirst es niemals schaffen, alle zurück ins Meer zu werfen, aber die, die du zurückwirfst, denen rettest du das Leben“.

Ich war vor einem Jahr auch an einem Punkt, an dem ich mich selbst viel mit dem Thema „Ehrenamt“ beschäftigt habe. Gerne wollte ich helfen, Organisationen finanziell unterstützen, weil ich keine Zeit hatte, mich persönlich einzubringen. Aber als Schüler bin ich nicht gerade in Geld geschwommen, weshalb ich meine Komfortzone verlassen und mich überwunden habe, körperlich mit anzupacken. Ich habe einen Teil meiner Freizeit dafür eingetauscht, um zu arbeiten, ohne dafür Geld zu bekommen. Verrückt oder? Ich habe mich für ein Ehrenamt im Tierheim entschieden, weil ich gerne Zeit mit Tieren verbringe. Überraschenderweise kann ich behaupten, dass dies eine der besten Entscheidungen war, die ich hätte treffen können! Abgesehen davon, dass ich den Tieren und dem Tierschutz helfen kann, hat die Arbeit auch etwas in mir ausgelöst. Es machte mir unglaublich viel Spaß und zusätzlich sind Beziehungen und Vertrauen entstanden. Das Gefühl, Dankbarkeit zu verspüren, ist unglaublich. Nicht nur von den Tieren, auch die Mitarbeiter sind total dankbar, dass man ihnen einen Teil der Arbeit abnimmt. Meine Mutter hat ebenfalls jahrelang ehrenamtlich als Übungsleiterin beim Kinderturnen gearbeitet. Sie meinte, dass kein Geld der Welt das strahlende Lächeln und die funkelnden Augen der Kinder ersetzen könne. Es ist sogar wissenschaftlich bewiesen, dass Menschen, die sich gemeinnützig engagieren im Schnitt glücklicher und weniger gestresst sind. Außerdem werden soziale Kontakte zusätzlich erweitert und es kann sich ein Stück weit in die Situation anderer versetzt werden, welche somit besser nachvollziehbar ist.

Ich verbringe immer noch viel Zeit vor dem Handy oder bei Netflix, aber ich bin auf dem richtigen Weg und trage meinen kleinen Teil zum Ehrenamt bei. Jeder sollte für sich selbst entscheiden, ob es eine Überlegung wert ist, ein wenig von der eigenen Freizeit zu opfern, um anderen zu helfen und ein Stück weit mehr Verantwortung zu tragen. Ich verspreche euch, dass es sich lohnen wird!

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