An deutschen Hochschule sind im Wintersemester fast drei Millionen Studierende in den unterschiedlichsten Studiengängen eingeschrieben. Aber wie geht es danach weiter? Wie findet man die Stelle, die zu einem passt? Es existiert zwar kein „Generalrezept“, mit dem es gelingt, den Wunschjob zu bekommen, aber diese Tipps können dabei helfen strukturierter und sicherer in die Bewerbungsphase zu gehen. Campus38 hat mit Unterstützung des BIZ Braunschweig unterschiedliche Tipps zusammengetragen, die beim Bewerben berücksichtigt werden sollten.
Tipp 1: Wissen was man will
Zu allererst sollten sich Arbeitssuchende darüber klar werden, was sie wirklich machen möchten. Möchte ich nach dem Abschluss eventuell noch meinen Master oder auch Doktor machen? Falls nicht, stehen sie vor der Entscheidung, in welchem Bereich sie arbeiten wollen. Freie Wirtschaft? Forschung? Oder doch in die Lehre gehen?
In dieser Phase ist es wichtig eine Vorstellung davon zu entwickeln, welche Kriterien eines Jobs für einen selbst wichtig sind. Ist ein großes Gehalt mein wichtigstes Ziel? Will ich vor allem gute Aufstiegschancen haben? Ist ein sicherer Arbeitsplatz ein Muss? Oder will ich lieber abwechslungsreiche Arbeiten erledigen?
Zudem sollte jeder für sich überlegen, ob er bereit ist für den Traumjob umzuziehen – und falls ja, wohin – oder, ob sich die Stelle auf jeden Fall in der Heimatregion befinden sollte.
Denn jeder sollte sich klar darüber sein, dass alle getroffenen Auswahlen Konsequenzen haben. Viel Geld verdient man eher in großen Unternehmen als in Kleinen. Dafür sind dort die Strukturen starrer, das heißt die Freiheiten geringer.
Tipp 2: Eigenes Potenzial erkennen
Nachdem man entschieden hat, welche Kriterien und Schwerpunkte relevant sind, sollten die eigenen Fähigkeiten, Stärken und Defizite eingeschätzt werden. Und zwar ganz wichtig: realistisch. Eine Art Stärken-Schwächen-Analyse kann hilfreich sein zu sehen, welche Fähigkeiten, Kenntnisse und positiven Eigenschaften man besitzt und wo die eigenen Schwächen liegen beziehungsweise wo vielleicht auch nur punktuell bestimmte Kenntnisse fehlen.
Laut Frank Stanze, einem Berater der Arbeitsagentur für Absolventen und Absolventinnen, sollen sich Arbeitssuchende überlegen: „Wo sind denn meine Schwerpunkte? Was kann ich gut? Was zeichnet mich aus?“. So können sie schon mit einer guten Vorstellung von dem, was sie wirklich wollen, in die Bewerbungsphase gehen und differenzieren, welche Unternehmen zu den eigenen Vorstellungen passen.
Tipp 3: Frühzeitig anfangen
Mindestens vier bis fünf Monate vor Studienende, also dem Zeitpunkt, ab welchem die Arbeitssuchenden sofort in das Berufsleben einsteigen könnten, sollte mit dem Bewerbungsprozess angefangen werden. So haben BewerberInnen in der Regel genug Zeit, um einen guten Job zu finden, der den eigenen Wünschen entspricht und sie müssen nicht den nächstbesten Job annehmen, weil sie sich zu spät bei den präferierten Unternehmen beworben haben. Auch die Bewerbungsunterlagen, wie der Lebenslauf, die Zeugnisse und ein Anschreiben sollten zu diesem Zeitpunkt, laut Stanze, auf einen Stand gebracht werden‚ bei welchem man selbst sagen kann „damit fühle ich mich wohl und damit bewerbe ich mich jetzt“. Unterstützend kann der Career Service, den es eigentlich an jeder Hochschule gibt, die Bewerbungsunterlagen checken und Feedback geben, ob sich irgendwelche Fehler oder No-Gos in die Bewerbung eingeschlichen haben. Oder man fragt Freunde oder Verwandte, die schon im Beruf stehen.
Tipp 4: Unterstützung suchen
Auf dem Arbeitsmarkt ist die Situation aktuell insgesamt gut – kaum eine Absolventengeneration hatte so viel Auswahl wie wir heute. Es gibt genug freie Stellen, die es mit Fachpersonal zu besetzen gilt. Jedoch sagt Stanze auch, dass es auf den jeweiligen Bereich ankommt: „Es gibt viele Bereiche momentan, wo ich zwei Bewerbungen schreibe und dann vielleicht den Job habe. Es gibt aber auch Bereiche, die trotz der momentan guten Arbeitsmarktlage, immer noch relativ schwer sind, wo es einfach nicht so gute Stellenangebote gibt, wie in anderen Bereichen.“
Bei der Suche nach freien Stellen sollte auch das Umfeld mit einbezogen werden, denn oftmals hört oder weiß jemand, wo gerade möglicherweise eine genau solche Stelle frei ist oder kann Tipps geben, in welchen Unternehmen man sich lieber nicht bewerben sollte. Auch der Austausch mit dem Umfeld kann für Bewerbungsgespräche sinnvoll sein, da BewerberInnen so schon an Informationen kommen können, anhand welcher Kriterien ein Unternehmen beispielsweise seine MitarbeiterInnen auswählt oder jemand eigene Tipps für ein Bewerbungsgespräch geben kann.
Das Arbeitsamt kann ebenfalls bei der Arbeitssuche auf unterschiedliche Weise unterstützen. Zum einen können MitarbeiterInnen des Amtes passende Stellen finden und einem zusenden und zum anderen stehen dem Amt finanzielle Mittel zur Verfügung. Mittel, die eine Weiterbildung ermöglichen, falls Kenntnisse oder Qualifikation für eine bestimmte Stelle fehlen, wie zum Beispiel ein sicherer Umgang mit dem SAP-System. Und Mittel, die beantragt werden können, falls ein Unternehmen die Zugfahrt zu einem Bewerbungsgespräch nicht trägt oder möchte, dass man 300 Kilometer entfernt eine Woche Probearbeiten soll, denn auch Fahrtkosten und die Unterkunft dort, können vom Amt finanziert werden, sodass man sich ohne Bedenken auch auf Stellen bewerben kann, die nicht in der Region sind.
Um die optimale Unterstützung des Amtes zu bekommen sollten sich Arbeitssuchende auch als arbeitssuchend beim Amt melden, denn so bekommen sie die Möglichkeit, die Jobbörse besser zu nutzen und die BeraterInnen suchen spezifisch für sie passende Stellen, welches sonst in der Form nicht möglich ist.
Tipp 5: Gründliche Recherche
Eine Bewerbung sollte möglichst individuell und passend zu einem Unternehmen, einer Branche oder einem Job gestaltet sein. Deshalb ist es nötig, sich schon vor dem Bewerbungsgespräch gründlich über ein Unternehmen zu informieren, denn so ist es den BewerberInnen möglich, die Ansprache und die Gestaltung einer Bewerbung an ein Unternehmen und dessen Vorstellungen anzupassen (mehr dazu unter Tipp 6 und 7). Eine solche Bewerbung kann auch die Chance steigern, später zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden.
Auch auf Bewerbungsgespräche und Einstellungstests sollten sich BewerberInnen gut vorbereiten. Unter anderem sollte sie auf jeden Fall wissen, wo ein Unternehmen politisch verortet ist und welche Werte vertreten werden, im besten Fall können sie sich damit sogar identifizieren. Auf Einstellungstests können und sollten sich BewerberInnen auf unterschiedliche Weise vorbereiten. Unterschiedliche Einrichtungen können dabei näher beraten, aber auch Tipps von ehemaligen BewerberInnen in speziellen Online-Foren können dabei hilfreich sein.
Tipp 6: Bewerbungsaufbau
Das Design einer Bewerbung sollte berufs- und unternehmensabhängig erfolgen. Dazu zählen auch die Schriftart und der Aufbau. Je nachdem, wie ein Unternehmen arbeitet und denkt, werden unterschiedliche Anforderungen an BewerberInnen gestellt. Es ist unter anderem ratsam zu schauen, für welchen Beruf man sich bewirbt und wie beliebt dieser Beruf bei BewerberInnen ist. Im Handwerk sind kleinere Betriebe meist froh, wenn sie überhaupt Bewerbungen erhalten, im Medienbereich ist der Konkurrenzkampf und die Nachfrage höher. Deshalb sollte man sich mit der Bewerbung vom Rest abheben. Je nachdem, ob ein Unternehmen eher modern eingestellt ist oder nicht, kann auch die Schriftart einer Bewerbung Auswirkungen darauf haben, ob jemand zu einem Gespräch eingeladen wird oder nicht. Ältere PersonalleiterInnen erwarten eventuell Standartschriftarten wie Arial oder Times New Roman, PersonalerInnen aus der Kreativszene dagegen legen eine Bewerbung auch schon zur Seite, wenn eine solche Schriftart verwendet wurde, da sie diese einfach schon zu oft gesehen haben. Auch an dieser Stelle ist das Sammeln von Informationen von Nöten.
Insgesamt sollte eine Bewerbung gut lesbar, übersichtlich und klar strukturiert sein und BewerberInnen sollte sich damit identifizieren können. Auch auf die Länge sollte geachtet werden, damit sich das Unternehmen die Bewerbung auch vollständig und aufmerksam ansieht und nicht auf Grund der Länge irgendwann abbricht. Sandra Nalewaja, Leiterin des Berufsinformationszentrums in Braunschweig, sagt: „Eine Bewerbung ist immer auch Werbung für sich selbst. Deshalb sollte man nie Bewerbungstipps umsetzen, die einem nicht gefallen“. Die Identifikation damit ist wichtig, denn nur so wirkt diese auch gegenüber dem potenziellen Arbeitgeber authentisch.
Tipp 7: Bewerben – Nie ohne Bild
„Eine Bewerbung ohne Bild ist möglich, empfehle ich aber nicht. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass ein Bewerber mit guten Referenzen oftmals keinen Job bekommt, weil er eine Bewerbung ohne Bild abgeschickt hat und sich ein potenzieller Arbeitgeber aufgrund dessen diese gar nicht erst genauer angeschaut hat“, berichtet Frau Nalewaja aus eigener Erfahrung.
BewerberInnen sollten dabei nicht einfach ein Standartpassbild auf die Bewerbung „klatschen“, sondern ein professionelles Bewerbungsfoto machen oder machen lassen und dieses ansprechend auf der Bewerbung unterbringen. Dabei können sie auch unterschiedliche Formate, wie ein Quadrat oder ein Querformat verwenden, die insgesamt moderner und interessanter wirken als das Standartformat eines Passbildes. Beispielsweise ist es auch ratsam den Dresscode, den es in unterschiedlichen Branchen und Bereichen gibt, im Bewerbungsfoto umzusetzen. Inspirieren lassen können sich BewerberInnen auch von Beispielen aus der Bewerbungsliteratur, denn dort findet man Positiv- und Negativbeispiele sowohl für Bewerbungsfotos, als auch für den Aufbau und das Design einer Bewerbung insgesamt.
Tipp 8: Lieber Online oder per Mail bewerben?
Eine Onlinebewerbung oder Bewerbung per E-Mail kann die Chancen auf eine Einstellung erhöhen, denn diese kann zum Beispiel durch die Personalabteilung eines Unternehmens an mehrere unterschiedliche Abteilungen weitergeleitetet werden, für die die Bewerbung in Frage kommen könnte. Eine Bewerbung in Papierform hingegen liegt einem Unternehmen meist nur in einfacher Form vor und kann dann auch nur in eine einzige Abteilung weitergeleitet werden.
Tipp 9: Praktika absolvieren
Bewirbt sich jemand auf eine Stelle, sind Praktika oftmals ein Pluspunkt. Praktische Erfahrung in einem Beruf, bedeuten für das Unternehmen, dass diejenigen meist schneller eingearbeitet werden können und nicht ganz von vorne angefangen werden muss, da zum Teil Abläufe und Arbeitsschritte schon bekannt sind.
Praktika können auch die Chance auf eine Einstellung im selben Betrieb verbessern, da das Unternehmen besser einschätzen kann, wie diejenigen arbeiten und BewerberInnen sich auch schon im Unternehmen auskennen. Herr Stanze erlebt dieses auch bei seiner Zusammenarbeit mit Studierenden, „die, die ein Praktikum machen oder gemacht haben, und jetzt auch nicht unbedingt als studentische Hilfskraft an der TU oder so, haben immer bessere Karten. Man merkt die kommen schneller in Arbeit, wirklich und, dass solche Praktika einen hohen Stellenwert haben bei vielen Arbeitgebern“.
Tipp 10: Erfahrungen sammeln
Erfahrungen durch Praktika sind wichtig und verbessern die Chancen. Aber auch Erfahrungen im Bewerbungsprozess sind wichtig, denn jeder muss seine eigenen Tricks für Bewerbungsverfahren und -gespräche entwickeln und ein Gefühl dafür bekommen, was ein Arbeitgeber hören möchte und was nicht. So wird eine optimale Vorbereitung auf nachfolgende Bewerbungen möglich.
Anfangs sollten sich BewerberInnen deshalb für Jobs bewerben, bei denen sie denken, „es wäre schön angenommen zu werden, aber es bricht für mich auch keine Welt zusammen, wenn ich eine Absage erhalte“. Das heißt, wenn jemand unbedingt zu VW oder einem ähnlichen Konzern möchte, sollten sie sich gut darauf vorbereiten und sich auch im Bewerbungsgespräch sicher fühlen, damit sie auch das Einstellungsverfahren gut meistern. Denn einen Job in einem solchen Konzernen zu bekommen ist in der Regel schwieriger als in kleineren beziehungsweise unbekannteren Betrieben, da sich in den bekannten Großkonzernen meist auch mehr Menschen auf eine einzelne Stelle bewerben als bei den Zulieferern.
Tipp 11: Nicht verunsichern lassen von den Erwartungen der potenziellen Arbeitgeber
„Die Stellenanzeigen der Unternehmen sind eine Art Wunschzettel“, so Nalewaja. Ein Unternehmen beschreibt, welche Kenntnisse und Fähigkeiten potenzielle MitarbeiterInnen für den zu besetzenden Job mitbringen sollte, jedoch existiert so gut wie nie der/die perfekte oder ideale BewerberIn, der/die all diese Wünsche erfüllen kann. Wenn also ein Bulletpoint nicht erfüllt ist – nicht so schlimm. BewerberInnen sollten sich also nicht von diesen Voraussetzungen abschrecken lassen. Man sollte versuchen die eigenen Stärken und Vorteile in einer Bewerbung zu präsentieren, die zum einen fehlende Kenntnisse in bestimmten Bereichen aufwiegen und einen Mehrwert für das Unternehmen bedeuten können. Beispielsweise den Umgang mit bestimmten Programmen können BewerberInnen auch noch im Unternehmen oder in Weiterbildungen, durch das Arbeitsamt oder externe Organisationen, lernen.
Was sollte man nun also zusammenfassend beachten?
Man sollte sich frühzeitig informieren und darüber klar werden, was man wirklich machen möchte, damit Ihr auch genug Zeit habt für die Bewerbungen. So hat man bessere Chancen auf Stellen, die einen wirklich interessieren und genügend Zeit, um sich gründlich auf die Bewerbungen und Gespräche vorzubereiten. Dabei ist es auch wichtig Erfahrungen zu sammeln, sodass man mit jeder Bewerbung und in jedem Gespräch sicherer wird und letztendlich auch weiß, was Arbeitgeber hören wollen und welche Fallen es gibt. Dabei kommt es nicht unbedingt darauf an, wie viele Bewerbungen jemand schreibt, sondern wie deren Qualität und Individualität ist. Gründliche Recherche ist dabei unerlässlich. Gerade wenn man noch unsicher ist, sollte man sich Hilfe und Unterstützung bei Organisationen, Verbänden und Einrichtungen suchen, die sich mit dem Thema auskennen und auch individuelle Tipps geben können.