Fußball ohne Rassismus, geht das?

Fußball ist die beliebteste Sportart weltweit. Dass es gerade hier multikulturell zugeht, sollte selbstverständlich sein. Meret Gildehaus zeigt mit aktuellen Beispielen, dass dies jedoch nicht so ist.

Fußball ist eine der bekanntesten und beliebtesten Sportarten überhaupt und wird auf der ganzen Welt gespielt. Als eine geteilte Leidenschaft von Millionen von Menschen unterschiedlichen Alters, Religionen und mit den verschiedensten ethnischen Herkünften gilt Fußball heute als interkultureller Weltsport. Allein in Deutschland haben rund 1,1 Millionen von knapp sieben Millionen DFB-Mitgliedern einen Migrationshintergrund. Dennoch wird die Freude am Spiel immer wieder durch rassistische Übergriffe während oder im Umfeld von Spielen, in den Stadien, Fußballclubs und Fangemeinden getrübt. Rassismus im Fußball drückt sich auf unterschiedliche Arten aus: Seien es fremdenfeindliche Parolen und Beleidigungen afrikanischer Spieler, Diskriminierung von Spielern aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder die Verbreitung von rassistischer Neonazi-Propaganda in Fußballstadien. Das bedeutet allerdings nicht, dass man dem Problem ständig und überall begegnet. Vergleichbar ist das mit einer Welle: Es gibt Zeiten, in denen Rassismus verstärkt, dann wiederum so gut wie gar nicht vorkommt.

Viele Fans drücken ihren Ärger durch Rassismus aus

Im Fußball zählt nur eins: der Sieg. Nur so entsteht das Gefühl von Erfolg und Ehre. Niederlagen sind hingegen von Frust und Enttäuschung geprägt. Diese Emotionen werden häufig in Form von Aggressionen, Gewalt und Diskriminierung freigelassen. Auch der Konkurrenzkampf zwischen zwei Mannschaften in den 90 Minuten eines Spiels, verleitet Fans immer wieder zu rassistischen Handlungen. Somit bieten Fußballstadien den idealen „Nährboden“ – also Ausgangsort – für Rassismus. „Wenn Diskriminierungen formuliert werden, handelt es sich heute jedoch überwiegend um individuelle Äußerungen von Einzelpersonen und Minderheiten.“, liest es sich in einem Artikel der Bundeszentrale für politische Bildung von Dr. Martin Winands, Sozialwissenschaftler des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld.

Aktuelle Beispiele rassistischer Handlungen von Fußballfans:

Kommentare rassistischer Natur

„Neger“, „Verpiss dich du schwarzes Schwein“, „Dreckiger Araber“, „Türkenschwein hau ab“

sind nur einige Beispiele für rassistische Ausdrucksformen im Fußball. Oftmals liest es sich in Artikeln über Geschehnisse aus Stadien allgemein nur als „rassistische Beleidigung“. Erst persönliche Gespräche mit Betroffenen oder eigene Erfahrungen machen es möglich, die Art der unqualifizierten Kommentare wahrnehmen zu können.

Bananenwurf

Im Jahr 2012 wurde Mario Balotelli bei einem Gruppenspiel zwischen Kroatien und Italien von kroatischen Fans mit Bananen beschmissen. Gewusst wie reagierte Dani Alves 2014 bei dem Spiel des FC Barcelona gegen Villarreal. Nachdem auch er mit einer Banane aus den Reihen der gegnerischen Fans beworfen wurde, aß er diese kurzerhand auf.

Affenlaute

Beim Europa-League-Auswärtsspiel 2012 gegen den FC Porto mussten sich Mario Balotelli und Yaya Touré von Manchester City anhaltende Affenlaute der portugiesischen Fans gefallen lassen. Auch Kevin-Prince Boateng wurde ein Jahr später Opfer von Rassismus im Stadion: Nachdem er durch Zuschauer wegen seiner Hautfarbe beleidigt wurde und ebenfalls Affenlaute folgten, verließ er den Platz und brach infolgedessen eine Partie ab.

Morddrohungen

Und dann gibt es noch ab und zu die antisemitischen Spruchbänder, die sich gegen bestimmte Minderheiten richten sollen.

Nicht selten kommt es außerhalb der Stadien und im Umfeld der Spieler zu Morddrohungen. Gerade wenn es sich um Spieler mit Migrationshintergrund handelt, lassen sich diese als Vorfälle rassistischer Natur einordnen. Grund dafür sind häufig verpatze Spiele und verpasste Chancen, die auch jedem anderen Spieler hätten unterlaufen können. Der jüngste Fall richtete sich gegen den schwedischen Nationalspieler Jimmy Durmaz, der bei einem WM-Spiel Deutschland gegen Schweden durch sein Foul an Toni Kroos in letzter Minute für die Niederlage und damit das WM-Aus seiner Mannschaft verantwortlich gemacht wurde.

Schon Amateurligen kämpfen mit Rassismus

Allerdings kommt es nicht nur zu Zwischenfällen im Profibereich, sondern auch in den unteren Ligen sind Fälle von Rassismus zu finden. „Bei Spielen werden wir […] ständig beleidigt.“, so Oliver Treitl, Trainer des 1.FC Wolfsburg. Oftmals ist die Problematik sogar noch verschärfter. Fehlende Konsequenzen seitens der Vereine begünstigen abweichendes Fehlverhalten. „Am liebsten würde man in solchen Momenten als Mannschaft den Platz verlassen, aber dann muss man mit Geldstrafen rechnen. Deshalb ist es wichtig, sportlich zu antworten.“

Adem Berisha, Kosovo-Albaner mit deutscher Staatsbürgerschaft, spielt seit mehr als zehn Jahren Fußball. Mal mehr und mal weniger hatte er mit Rassismus zu tun. Er berichtet über seine Begegnungen mit Rassismus im Fußball:

Der Autor und Politikberater Imran Ayata sieht die Gesellschaft als Schlüsselfigur für Rassismus im Fußball: „Im Fußball gibt es Rassismus, weil Fußball ein Spiegelbild der Gesellschaft ist.“ Allerdings stellt Fußball auch einen wichtigen Teil zur Integration in einer Gesellschaft dar. Es wird eine wichtige Begegnungsstätte für Ausländer, Migranten und Deutsche geschaffen. Besonders die „Hooligans gegen Salafisten-Bewegung“ versucht so, die Konflikte um Zuwanderung mit Fußball zu verbinden.

Auch Trainer Oliver Treitl sieht den Fußball als einen Ort für Integration: „Es ist egal, woher die Jungs kommen, wir nehmen sie auf, weil wir sie integrieren wollen.“ Das Rassismus-Problem wird damit vielleicht innerhalb der Mannschaft gering gehalten, verschwunden ist es trotzdem nicht. Ganz im Gegenteil sogar.

Aber wieso gibt es überhaupt Rassismus im Fußball? 

Die Hintergründe, wieso es tatsächlich zu Rassismus im Fußball kommt, könnten unterschiedlicher nicht sein. Die Politik und Gesellschaften tragen sicherlich auch einen entscheidenden Teil dazu bei. Erst recht, wenn zu wenig über das Thema „Rassismus“ aufgeklärt und sensibilisiert wird und Rassismus so immer wieder reproduziert werden kann. Aber es liegt auch in der Natur des Menschen, sich immer gegen Minderheiten zu richten, Schuldige zu suchen und zu „bestrafen“. Im Fußball zeigt sich das in Form von Fremdenfeindlichkeit. Fußball geht mit der Möglichkeit einher, Frust abbauen zu können. Erst so entsteht Rassismus.

Anti-Rassismus Initiativen als Zeichen für Respekt und Toleranz

Um das Rassismus-Problem möglichst gering zu halten, setzen sich viele Anti-Rassismus Kampagnen in Deutschland, aber auch weltweit, das Ziel, ein Zeichen zu setzen. Ein Zeichen für gegenseitigen Respekt und Vielfalt. Die wohl bekannteste Kampagne in Europa ist die der UEFA in Zusammenarbeit mit FARE (Football Against Racism in Europe). Seit 2001 kämpfen sie gemeinsam gegen Rassismus, Diskriminierung und Intoleranz im Fußball. Ihren Beitrag leisten sie unter anderem durch den 30-sekündigen Spot „Nein zu Rassismus“. Jährlich im Oktober findet außerdem während der FARE-Aktionswoche die weltweit größte Initiative gegen Diskriminierung im Fußball statt. Daneben gibt es noch weitere zahlreiche Kampagnen, die sich gegen Rassismus im Fußball aussprechen – die Liste ist lang. Ebenso wird seit 2005 einmal im Jahr vom Deutschen Fußball Bund der „Julius Hirsch Preis“ für besonderes Engagement gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und den Einsatz für Toleranz und Respekt im Fußball verliehen. Außerdem werden bei Fehlverhalten seitens der Fans, aber auch Spieler und Trainer, Stadionverbote, Sperren oder Geldstrafen ausgesprochen. „Offene Diskriminierungen sind daher nicht nur gesellschaftlich weitestgehend unerwünscht, sondern werden auch gesetzlich verfolgt.“, so Dr. Martin Winands.

Rassismus im Fußball entspringt der Gesellschaft

Der Manager der deutschen Fußballnationalmannschaft, Oliver Bierhoff, ist zwar der Ansicht: „Deutschland ist die Heimat von Menschen mit vielen verschiedenen nationalen, religiösen und kulturellen Wurzeln. Diese Vielfalt macht auch den Fußball in Deutschland immer stärker“, aber das Rassismus-Problem wird dadurch nicht verschwinden. Ganz im Gegenteil: Anti-Rassismus-Kampagnen haben es jetzt schon schwer, in die Gesellschaft durchzudringen. Und solange unsere Gesellschaft ein Rassismus-Problem hat, wird es auch weiterhin Bestand haben. Dabei dürfte jeder zweite deutsche Nationalspieler der WM 2030 einen Migrationshintergrund haben. An welchem Punkt man dann steht, wird man sehen. Fest steht: Der weiterhin bestehende Rassismus im Fußball ist unvereinbar mit den Werten, für die Fußball stehen sollte: Respekt und Anerkennung.

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