Hindernislauf Studienbewerbung

Immer höhere Anforderungen an Studierende, viel zu wenige Studienplätze bei steigender Nachfrage. Das Bewerbungsverfahren für angehende Design-Studenten ist ein echter Hindernislauf.

Mercedeh Jahanshahi hat ihr Abitur in der Tasche. Nun möchte sie etwas Schöpferisches studieren. Sie interessiert sich für Mediendesign an der Ostfalia Hochschule in Salzgitter. Doch auf der Website der Hochschule entdeckt sie, dass ein Nachweis über eine besondere künstlerische Befähigung notwendig ist. Es handelt sich dabei um eine Mappe, die sie einreichen muss.

Die Abgabe der Mappen sollte bei der Ostfalia spätestens bis zum 7. Juni im Prüfungssekretariat erfolgen. An der Hochschule Hannover hingegen ist der 15. März der letzte Abgabetermin. An beiden Hochschulen bewerben sich die angehenden Mediendesigner für einen Studienstart zum Wintersemester im September. Auch der Umfang der Mappe fällt an beiden Hochschulen ähnlich aus. Nicht mehr als 20 selbstgefertigte Arbeitsproben wünschen sich die Hochschulen von ihren Bewerbern. Bei der Art der Befähigungsnachweise wählen die Bewerber aus vielen verschieden Möglichkeiten aus. Die Hochschule Hannover bietet darüber hinaus die Möglichkeit an, die Mappe online einzureichen.

Einige Arbeiten von Mercedeh stammen aus dem Kunstunterricht der Oberstufe, andere erstellte sie in ihrer Freizeit. Doch als sie das Ergebnis der Mappenberatung erfährt, ist die Enttäuschung groß: „Ich musste meine Mappe komplett von vorne anfangen“, sagte sie. Das Feedback der Professoren hätte ihrer Meinung nach auch etwas eindeutiger ausfallen können. Die Zeichnungen sind einfach nicht „on Point“, wurde ihr mitgeteilt. Während einige Arbeiten nicht ordentlich genug ausgearbeitet sind, unterscheiden sich andere im Format der Blätter.

Die Bewerber erhalten in der Mappenberatung einige Hinweise. Unter anderem, dass ein roter Faden – also ein übergeordnetes Thema – gerne gesehen ist. Laut Berit Andronis von der Ostfalia ist außerdem ein ansprechendes Cover für die Mappe wichtig. Ähnlich wie bei einem Buch. Daher ist auch die Reihenfolge entscheidend, damit das Thema der Mappe auch für jemanden schlüssig erscheint, der sich noch nicht damit beschäftigt hat. Laut den Hochschulen dürfen sich die Bewerber also auf ein aussagekräftiges Feedback freuen. Etwas anders sieht das der Professor Claudius Lazzeroni für Interfacedesign an der Universität Essen. „Wir wünschen uns neugierige Studenten und frische Ideen”, sagt der Professor, wenn er nach Tipps gefragt wird. Die Internetseite precore.net gibt Bewerbern wichtige Tipps und Anregungen bei dem Erstellen der Mappe. Hier wird davor gewarnt, Auftrags- und Schularbeiten einzureichen, da diese meist nicht aktuell sind und von wenig Eigeninitiative zeugen. An der Ostfalia Salzgitter bewertet eine Feststellkommission, die aus drei zur Lehre berechtigten Mitgliedern und einer/einem Studierenden des Studiengangs besteht, die Befähigungsnachweise. Bewertet wird mithilfe festgelegter Kriterien: Kreativität, Intensität, Darstellungs-, Realisations- und Abstraktionsvermögen.

Trotz der hohen Anforderungen findet Mercedeh Jahanshahi das Auswahlverfahren fair, da es, wie sie sagt, „der erste Eindruck anhand deiner Fähigkeiten ist.“ Letztendlich wird sie auch zu dem nächsten Hindernis, dem Eignungstest der Hochschule eingeladen. Genau so, wie ungefähr 70 andere Interessenten. Drei Aufgaben sollen sie im Laufe des Tages bearbeiten. So wird festgestellt, wie die Bewerber unter Zeitdruck arbeiten, da auch im späteren Berufsleben die meisten Arbeiten unter Einhaltung einer Deadline entstehen.

Die Eignungsprüfung wird anhand derselben Kriterien wie die künstlerische Mappe bewertet, und ist bestanden, wenn die erreichte Punktzahl größer als zehn ist. Rund 150 Interessenten bewerben sich jährlich an der Ostfalia, von denen ungefähr 100 nicht angenommen werden. „Die Bewerberzahl für den Studiengang Mediendesign liegt bei ca. 187 auf 36 Studienplätze“, bestätigt Dagmar Schönick von der Hochschule Hannover. In den Fächern Fotografie, Design und Mode in Bielefeld fallen die Zahlen ganz ähnlich aus. Im Wintersemester 2004/2005 nahm die Fachhochschule von 269 Bewerbern nur 87 an.

Zwar kann sich Mercedeh bis heute nicht genau erklären, wie sie diese Hindernisse meistern konnte, trotzdem fügt sie hinzu: „Ich bin froh, an der Ostfalia zu studieren. Auch, wenn das großen Aufwand und Stress für mich bedeutete.“

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