Und tatsächlich ist das Klischee des armen Studierenden auch heute noch nicht überholt. Das ergibt die Sozialerhebung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung aus dem Jahr 2017. Nach dieser liegt das durchschnittliche monatliche Einkommen der 400.000 befragten Studierenden bei 918 Euro – und damit nur knapp über dem Existenzminium von 764 Euro, das der Deutsche Bundestag 2018 festgelegt hat. Das Medianeinkommen der Studierenden nähert sich diesem Existenzminimum noch weiter an: Laut dem Bundesministerium für Bildung und Forschung liegt es mit 860 Euro nur noch schmale 96 Euro über diesem.
Ein Großteil ihrer Einnahmen wenden die Studierenden dabei für Miete und Ernährung auf. Im Schnitt zahlen sie 323 Euro für ihre Wohnung und 168 Euro für Lebensmittel – mehr als die Hälfte ihres monatlichen Budgets. Als Hauptunterstützer treten dabei gerade bei jüngeren Studierenden die Eltern auf: Sie steuern Zweidrittel des studentischen Einkommens bei. Je älter die Studierenden werden, umso mehr sinkt der elterliche Zuschuss und eigene Einnahmen durch kleinere Nebentätigkeiten ersetzen diese. Ab dem 29. Lebensjahr tragen die Eltern im Schnitt nur noch unter 30 Prozent zum Gesamteinkommen der Studierenden bei.
BAföG spielt kaum eine Rolle
Besonders auffällig ist, dass staatliche Subventionen wie etwa BAföG (Bundesausbildungsförderungsgesetz) nur für wenige Studierende etwas zum monatlichen Unterhalt beisteuern. So erhielten zum Sommersemester 2016 laut einem Bericht der Bundesregierung lediglich 18 Prozent aller Studierenden eine Förderung. Damit liegt diese auf dem niedrigsten Niveau seit 1990. Ein Armutszeugnis, wenn man bedenkt, dass gerade das BAföG jungen Erwachsenen aus wirtschaftlich schwachen Familien die Studienfinanzierung erleichtern soll. Dass die Förderung durch BAföG für den Großteil der Studierenden anscheinend kaum eine Rolle spielt, wird auch an den Zahlen zur Gesamtförderungsquote deutlich. So hat sich ihr Anteil seit 2012 von 40 Prozent auf nur noch 27 Prozent reduziert. Ob die mit dem 26. BAföG-Änderungsgesetz auf den Weg gebrachten Reformen es schaffen, diesen Trend umzukehren, muss sich noch zeigen. Trotz allem gaben 61 Prozent der befragten Studierenden an, dass siemonatlich zwischen 51 Euro und 200 Euro an freiem Kapital zur Verfügung hätten. Hier bieten sich also erste Möglichkeiten, Geld zu investieren – auch wenn es schwerfallen dürfte, das Ersparte nicht in einen Kurzurlaub oder neue Sneaker zu investieren.
ETFs als Kapitalanlage
Dabei gilt gerade in der Finanzwelt der Startvorsprung. Windige Finanzdienstleister benötigt man dafür jedoch nicht. Eine Möglichkeit, auch mit wenig Kapital zu starten, stellen dabei „börsengehandelte Fonds“ dar, die im Fachjargon auch als ETF („Exchange Traded Fund“) bekannt sind. Sparer können dabei zum Beispiel monatlich oder vierteljährlich einen festen Betrag in einen Fondssparplan mit vielen Aktien investieren. Als junger Mensch profitiert man hier besonders von langfristigen Entwicklungen. Die typischen Risiken wie eine Rezession spielen nur eine geringe Rolle. Diese kann ausgesessen werden und Zinseszins-Effekte machen sich besonders bei einer langen Anlagedauer bemerkbar. Auch die Unabhängigkeit gegenüber Versicherern und Beratern ist durchaus als Chance zu verstehen. So genießt man den Vorteil, jederzeit über sein eigenes Kapital verfügen zu können und in einer Krise handlungsfähig zu bleiben. Für die Ungeduldigen stellt dies jedoch auch ein Risiko dar: Ständige Verfügbarkeit lädt zum Ausgeben ein, und bei Kursschwankungen fällt es schwer, nicht doch die vermeintlich wertlos gewordenen Anteile zu verkaufen.
Im Kern bilden ETFs einen Aktienindex ab. Am meisten verbreitet sind dabei der S&P 500, der DAX und der MSCI World Index, welche ihrerseits wiederum die Aktienentwicklung der Unternehmen des jeweiligen Marktes abbilden. Ein Exchange Traded Fund kann dabei sowohl tatsächlich Aktien des jeweiligen Index beinhalten oder diesen nur künstlich nachbilden. Was sich zunächst kompliziert anhört, ist jedoch eigentlich ganz simpel: Ein ETF übernimmt für den Anleger die Arbeit, interessante Aktien auszuwählen und macht sich dabei noch den Effekt der Risikominderung durch Streuung zu Nutze. So ermöglichen es ETFs, mit wenig Geld eine große Anzahl an Aktien im Portfolio zu halten und minimieren dabei gleichzeitig den eigenen Verwaltungsaufwand und das Risiko. Ideal also für unerfahrene Anleger, um erste Erfahrungen mit dem Aktienmarkt zu sammeln, ohne das große Risiko einzugehen, sich die Finger zu verbrennen. Doch bei all der Einfachheit sind auch hierbei einige Dinge zu beachten: So hält die Verbraucherzentrale die Anleger dazu an, die Produkte der jeweiligen Anbieter auf versteckte Vertriebsprovisionen zu kontrollieren. Hierdurch kämen sonst höhere Kosten zustande, die durch die Anleger getragen werden müssten. Und auch die Art der Ertragsverwendung sollte im Vorfeld gut überlegt sein.
Bei ETFs gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Während bei sogenannten thesaurierenden ETFs die erzielten Erträge (Dividenden aus Aktien und Zinsen) erneut in den Fond und damit in Aktienanteile investiert werden, fließen diese bei ausschüttenden ETFs direkt an den Anleger. Bei ausschüttenden ETFs können dadurch Kosten entstehen. So in etwa durch Börsengebühren, wenn sich der Anleger entscheidet, das Geld erneut zu investieren. Anders als Aktien eignen sich ETFs daher also auch für Laien und ermöglichen ganz ohne Zweitstudium einen soliden Einstieg in die eigenständige Finanzplanung. Besonders einfach machen es einem dabei Angebote vieler großer Banken. So bieten diese oft „Sparpläne“ an, bei denen automatisch ein zuvor definierter Betrag in ausgewählte Fonds fließt. Frei nach dem Motto „set and forget“ können Anfänger hier bereits mit kleinen Geldbeträgen einsteigen, ohne sich viele Gedanken um die Verwaltung machen zu müssen. Und dabei brauchen sich die möglichen Kapitalentwicklungen der ETFs nicht vor anderen Anlagemethoden zu verstecken.
Erst informieren, dann anlegen
Vor dem ersten Einstieg in die Finanzwelt lohnt sich aber eine ausführliche Recherche. Denn Banken und andere Finanzdienstleister haben Studierende schon länger als lukrative Zielgruppe für sich entdeckt. Hier ist allerdings Vorsicht angebracht: Denn die Unerfahrenheit der Studierenden nutzen viele Anbieter aus und handeln damit selten im Interesse der jungen Kunden.
So fallen etwa die Praktiken des Finanzdienstleisters MLP SE auf, der gerne an deutschen Hochschulen wirbt und teilweise sogar Kooperationen mit diesen hat. So berichtete etwa der UniSpiegel 2016 von den unseriösen Angeboten der MLP SE. Unter dem Deckmantel von Seminaren werde dabei ein erster Kontakt zu Beratern der MLP SE aufgebaut. Im Anschluss werden die Teilnehmer von den Beratern kontaktiert, um ihnen Finanzprodukte zu verkaufen. Besonders langfristige Anlagen ohne frühzeitige Ausstiegsmöglichkeit werden hier den Studierenden verkauft, die meist noch über wenig finanzielle Bildung verfügen, aber mit ihrem Abschluss vermeintlich die Aussicht auf ein hohes Gehalt haben. Ein aktuelles Beispiel bietet etwa die Hochschule Hannover: Hier bietet die MLP SE ein Gehaltsverhandlungsseminar an. Für Beraterfirmen eine Taktik, die sich auszahlt, und die für die jungen Kunden später zu erheblichen finanziellen Belastungen führen kann.
Wenn es um das liebe Geld geht, heißt es also Vorsicht walten zu lassen. Wer sich dabei selbst informiert und konservativ mit dem Anlegen vorgeht, dürfte dabei auf der sicheren Seite stehen. Und selbst wenn trotz beendetem Studium die Finanzwelt oft komplizierter erscheint als die Bedienungsanleitungen eines schwedischen Möbelkonzerns, lohnt es sich früh loszulegen. Denn der Vermögensaufbau beginnt bei der eigenen Finanzbildung und endet im Idealfall mit einem komfortablen Polster.
Zwischen Vorlesung und Minijob bleibt den meisten Studierenden kaum Zeit, sich mit der eigenen Altersabsicherung auseinanderzusetzen. Selbst wenn der Wille da ist, dürften am Ende des Monats die Portemonnaies durch die Lebenskosten und Freizeitaktivitäten nur noch spärlich gefüllt sein.