„Mehr als nur „Hopfen und Malz“

Die Bierkultur ist in der deutschen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Doch wie gelangt das Hopfen-haltige Malzgetränk in die allseits bekannten Flaschen und was hat es mit dem Brauprozess auf sich?

Heiße, feuchte Luft tritt einem entgegen. Der süßlich herbe Geruch von Hopfen und Malz hüllt einen förmlich ein,in der Ecke steht ein brodelnder Kessel, in dem mit einem Maischepaddel gerührt wird. Verschiedene Schläuche und Pumpen sind mit weiteren großen Bottichen verbunden und man kann es geradezu spüren, dass hier mit körperlicher Arbeit etwas hergestellt wird. Ohne Zweifel befinden wir uns in einer richtigen Brauerei. „Zum Wohle!“ heißt es dann ein paar Wochen später in dieser kleinen Brauerei in Schleswig-Holstein an der Schlei nahe der dänischen Grenze und es wird mit einem frisch gezapften Bier der wohl verdiente Feierabend eingeläutet. So wie in dieser Situation geht es wohl den meisten Menschen, die sich nach getaner Arbeit ihr Feierabendbier öffnen.

Hannes Frank öffnet sich sein Feierabendbier Quelle: Michael Holzem
Hannes Frank beim „Einmaischen“ (Mischen von Wasser und Gerstenmalz) Quelle: Michael Holzem
Das bekannte „Pils“ sticht deutlich heraus Quelle: Nielsen, Ein Prosit aufs Reinheitsgebot, 25.04.2016 K&A Brand Research

Laut Statistiken des Kirin Institute of Food and Lifestylein Japan, werden weltweit pro Jahr durchschnittlich 177 Milliarden Liter Bier konsumiert. Das sind mehr als 5.600 Liter in der Sekunde. In Deutschland beläuft sich der Durchschnittskonsum pro Kopf nach Angaben des Bayrischen Brauerbundes e.V. auf etwa 102 Liter im Jahr, was bei 82 Millionen Einwohnern durchaus auch eine beträchtliche Menge ausmacht. Welche Art von Bier die Deutschen am liebsten trinken, lässt sich ziemlich deutlich feststellen. Das klassische Pils ist mit über 50 Prozent das mit Abstand beliebteste Bier.

Dabei ist es laut Umfragen mit mehreren Passanten nur einem geringen Teil der Konsumenten bewusst, was sie dort letztendlich genau trinken. Nur die wenigsten wissen, wie der Alkohol entsteht und wie dieses Getränk hergestellt wird. Vor allem aber ist den meisten Menschen der Prozess des Bierbrauens weitestgehend unbekannt.

Die Geschichte des Bieres reicht, historischen Berichten des Deutschen Brauer-Bund e.V.zufolge, bis vor circa 6000 Jahren. Überlieferten Legenden zufolge ließ in der damaligen Zeit ein sumerischer Brotbäcker (Sumer war zur damaligen Zeit ein Landabschnitt bei Bagdad nahe des Persischen Golfes) seinen Brotteig zu lange in der Sonne stehen, woraufhin die darin enthaltenen Hefekulturen einen Gärungsprozess in Gang setzten. Das Resultat war eine pappige, klebrige Masse mit berauschender Wirkung, der Vorläufer des heutigen Bieres. Es gibt Theorien, die zum Beispiel besagen, dass Bier die Menschen der damaligen Zeit dazu gebracht haben soll, sesshaft zu werden, und zwar weil man für das Brauen von Bier Getreide benötigte, welches über einen längeren Zeitraum angebaut werden musste.

Das Brauhandwerk selbst kam erwiesenermaßen während des Mittelalters zu uns nach Europa. Damals entdeckten Mönche in großen Klöstern das Bierbrauen für sich und fingen an, das Getränk in größeren Mengen herzustellen. Dies hatte im Grunde genommen einen recht einfachen Hintergrund. Da die Mönche speziell während ihrer Fastenzeiten, aber auch im normalen Alltag nur sehr sparsame Mahlzeiten zu sich nahmen, wollten sie sich mit dem Bier eine nahrhafte Ergänzung zu ihrem Essen schaffen. Bier durfte nämlich im Kloster immer getrunken werden, denn es hieß: „Was flüssig ist, bricht kein Fasten“.

Mit der Erschließung der internationalen Handelswege begann die Zeit der großen Kaufleute, der reichen Handwerker und der Zünfte. Davon profitierten natürlich auch die Bierbrauer, speziell in den Hansestädten wie zum Beispiel Hamburg und Bremen. Durch den einsetzenden Handelsboom im fortgeschrittenen Mittelalter,wurde das Brauen von Bier kommerzialisiert und so ein neuer Wirtschaftszweig auf dem Gebiet eröffnet. Die expandierende Brauwirtschaft wurde allerdings auch von nicht wenigen Menschen ausgenutzt, um sich  etwa durch Verdünnen des Bieres auf Kosten der Konsumenten zu bereichern. Um dem „Gepansche“ entgegenzuwirken, wurde am 23. April 1516 durch den damaligen Herzog von Bayern, Wilhelm IV. eine landesweite Verordnung erlassen. Durch sie wurde festgelegt, dass zur Herstellung von Bier einzig und allein Gestenmalz, Hopfen und Wasser verwendet werden dürfen. Mit dieser Verordnung war das bekannte Reinheitsgebot geschaffen, so der Deutsche Brauer-Bund e.V.,nach dem auch heute nochgebraut wird, um das Produkt am Ende Bier nennen zu dürfen.

In Deutschland gibt es mehrere Möglichkeiten, sich mit dem Brauwesen berufsorientiert zu befassen. Zum einen kann man die traditionelle Art der Ausbildung einschlagen und bei einer namenhaften Brauerei eine Lehre zum Brauer beziehungsweise Mälzer absolvieren. Was viele aber nicht wissen: Auchauf akademischer Ebene kann man das Brauwesen zu seinem Beruf machen. Allerdings unterscheiden sich danach meist die Aufgabengebiete sehr voneinander. „Als gelernter Braumeister beschäftige ichmich meist noch mit den wirklich handwerklichen Arbeitsschritten und Prozessen des Brauens“, erklärt Braumeister Hannes Frank.. Hierzu gehört zum Beispiel das Einmeischen, das Mischen von Wasser und Malz, oder Läutern, das Umpumpen der Flüssigkeiten in unterschiedliche Lagertanks.

Auf akademischer Ebene wird sich noch mehr mit der wissenschaftlichen Substanz des Brauens befasst. Wenn man sich dazu entscheidet, Brauwesen zu studieren, lernt man an der Universität auch die naturwissenschaftlichen Hintergründe der Bierherstellung, das Rechnungswesen und die Buchführung kennen, das die Absolventen benötigen, um sich selbständig zu machen. „Wir vermitteln ein tiefgründigeres Wissen um die chemischen, biochemischen und physikalischen Vorgänge im Brauprozess und können dadurch gezielt Einfluss auf die Qualität und den Geschmack des Bieres nehmen“, sagt Professor Frank-Jürgen Methner, Leiter des Fachbereichs für Brauwesen an der TU Berlin. Dabei verhält es sich so, dass Absolventen, die in Deutschland Brauwesen studiert haben, meist in Bereichen der Zulieferindustrie für Hersteller von Brauereianlagen ihren Arbeitsplatz finden. In einem Interview mit Diplom-Brauingenieur Michael Süchting wird klar, dass der Beruf nicht mehr zwangsläufig viel mit dem Getränk an sich zu tun hat. Er ist zum Beispiel im Ausland dafür verantwortlich, wie eine Brauerei aufgebaut wird und wie diese dann letztendlich in Betrieb genommen wird. Gerade in Asien boomt aktuell die Bierindustrie, und die Nachfrage nach dem Malzgetränk steigt immer weiter an. Das liegt daran, dass sich die asiatische Welt in Bezug auf Genussmittel wie Bier mittlerweile immer westlicher orientiert. Dazu kommt: der asiatische Raum ist in den letzten zehn Jahren immer beliebter als Tourismusziel für europäische Länder geworden. Somit findet automatisch auch eine gewisse Angleichung der kulturellen Bedürfnisse statt. Da allerdings in Asien das nötige Fachwissen zur Herstellung von Bier noch nicht ausreichend vorhanden ist, werden speziell ausgebildete Fachleute aus dem Ausland beordert, wie Michael Süchting aus Deutschland. Das skurrile dabei: die Brauereien werden zum Teil als Komplettbausatz per Containerschiff nach Asien gebracht. Ein Diplom-Brauingenieur wie Michael Süchting kontrolliert dann dort den sachgemäßen Aufbau der aus Europa bestellten Brauerei und nimmt sie in Betrieb.

In der Regel muss sich ein Braumeister, der in Deutschland gelernt oder studiert hat, keine Sorgen um seine berufliche Zukunft machen. Wie Hannes Frank, gelernter Brauer/Mälzer so schön sagt: „Wenn du in Deutschland deinen Schein gemacht hast, wirst du auf der ganzen Welt mit Kusshand genommen“. Dies ist aber vor allem der langen Brautradition und der guten Ausbildung in Deutschland geschuldet. Wer sich also für Bier interessiert und schon immer einmal mit dem Gedanken gespielt hat, sein „Hobby“ zum Beruf zu machen, scheint in diesem Gebiet sicher aufgehoben.

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