Ich heirate. Den Antrag bekam ich nach einem knappen halben Jahr Beziehung. Die standesamtliche Trauung findet zehn Monate später statt. Die kirchliche Hochzeit genau ein Jahr nach dem Antrag. Zu schnell? Zu früh? Zu komisch? Nein. Es ist nicht eine dieser überschwänglichen Liebesgeschichten aus dem Kino. Es ist anders. Es ist normal. Und dennoch einzigartig und besonders. Und es begann nicht bei Tinder oder Instagram. Ehrlich gesagt hatte keiner von uns jemals Tinder genutzt. Irgendwie sind wir beide eher altmodisch. Aber nicht altmodisch genug, um sich betrunken in einer Bar über den Weg zu laufen und das alle paar Wochen zu wiederholen. Dabei immer stundenlang zu quatschen, zu trinken und gemeinsam zu tanzen. „Wollen wir uns mal nüchtern treffen?“ Wir gehen spazieren. Es ist kalt, aber das ist egal. Ich weiß selbst nicht was es ist. Meine beste Freundin sagt: „Eva, der bleibt für immer.“ Ich sage: „Nee, weißt du doch noch gar nicht.“ Aber sie wusste es.
Die moderne Form des Märchens ist heutzutage Instagram. Frauen, die zum Valentinstag von ihren Männern mit Autos, Luftballons und Meeren von Rosen überrascht werden. Oder Heiratsanträge auf den Malediven bei Sonnenuntergang mit tausend Kerzen. Und dabei lassen sich 2018 etwa 33 Prozent aller Paare scheiden. Nach durchschnittlich 15 Jahren Ehe. Das klingt erstmal abschreckend. Warum soll ich dann heiraten? Wenn ich aber sehe, dass es im selben Jahr 449.446 Eheschließungen gab, da werde ich doch wieder romantisch. Eine Garantie gibt es sowieso nicht.
Meinen Antrag bekam ich zuhause vorm Badezimmer, nachdem ich mich grad abgeschminkt hatte und in Unterwäsche rauskam. Es war 4 Uhr morgens und wir haben meinen Geburtstag gefeiert. Er hat es vorher nicht geplant. Er wusste es in dem Moment einfach. Spontan, romantisch, ehrlich. Ich war überrascht. Ich war überwältigt. Und ich wusste sofort, dass ich „ja“ sage, auch ohne Rosenmeer und Luftballons. Unsere Eltern haben sich sehr gefreut. Keine Zweifel, keine ernsten Gespräche. Unsere Trauung findet nun wahrscheinlich mit Masken und ganz allein statt. Und die große Hochzeit wird vielleicht verschoben, vielleicht auch nicht. Ich fühle mit den Paaren, die jetzt aufgrund der Corona-Pandemie ihre Hochzeiten kurzfristig absagen mussten, da ich weiß, wie viel Planung und Nerven darin stecken. Egal wie es kommt, diese Zeit hat uns noch mehr zusammengeschweißt. Trotz der Tatsache, dass wir 24/7 zusammen sind, genießen wir jeden Moment in dem Wissen, dass so viel gemeinsame freie Zeit uns erst wieder im Rentenalter erwarten wird.