„Hier ist das Niedersachsenwetter mit Gina Kaemmerer“, moderiert Malte sie an und schon hören mehrere hunderttausend Menschen ihrer Stimme zu. Mit 24 hat Gina das erreicht, was für viele andere in ihrem Alter noch so weit weg zu sein scheint. Dabei unterscheidet sich ihr Weg gar nicht so sehr von anderen. Gina hat ihren Bachelor in Journalistik gemacht und ist danach mit einem Volontariat bei Radio ffn eingestiegen. Während ihres Volos durfte sie schon bei der Morgenshow am Samstag etwas On-Air-Luft schnuppern. Kaum fest angestellt, hat sie es in die Nachmittagssendung geschafft, die nach der Morgenshow die zweitwichtigste Sendung im Radio ist.
„Zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, ist die bescheidene erste Antwort, die Gina parat hat, wenn man sie fragt, wie es dazu gekommen ist. Doch dann erfährt man von ihr, dass es wohl ihre freundliche Stimme und ihre positive Ausstrahlung ist, die in das Programm von ffn passt. „Ich habe in dem Moment überhaupt nicht damit gerechnet. Auch nicht, dass es irgendwann mal passieren könnte. Umso größer war natürlich die Freude, dass ich diese Chance bekomme“, erzählt sie mit einem Lächeln.
Dass ihr bei dieser Chance mehrere hunderttausend Menschen zuhören, stresst sie aber herzlich wenig. Schließlich ist im Studio gar nichts von diesen vielen Menschen zu sehen. Nur das eigene Mikrofon vor der Nase.
Vielmehr ist es ihr eigener Anspruch, der sie anfangs nervös gemacht hat. „Ich wollte gut sein, vor allem für meinen Moderationspartner Malte. Das ist das Produkt von uns beiden. Ich wollte sein Niveau nicht runterziehen.“ Diese Nervosität hat sich jedoch schnell gelegt, denn Malte ist für sie der Fels in der Brandung. Wenn man zu zweit moderiert und der Partner ein Profi ist, dann kehrt doch relativ schnell Ruhe ein.
Urs Köhler, Moderator der ffn Partytime, kann sich noch genau an die Anfangszeit zurückerinnern: „Wir haben eines Abends erfahren, dass ihre Position ab nächsten Monat in Kraft tritt. Dieser Schritt war in der Hinsicht unerwartet, da sie ja noch gar nicht so lange aus dem Volo raus war.“ Dass sich da durchaus mal Skepsis breitmacht, weiß Urs auch. „Klar ist es immer ein bisschen schwierig, wenn so eine Stelle neu besetzt wird. Das gefällt meistens mindestens einem nicht. Es hat aber nicht lange gedauert, bis alle von der Entscheidung überzeugt waren.“
ffn-Moderator Stefan Gelhorn war sich schon vor zwei Jahren sicher: „Ich habe ihr damals bei Facebook zum Geburtstag gratuliert. Und noch in der selben Nachricht habe ich ihr geschrieben, dass sie hier bei ffn eine große Zukunft haben wird. Sie hat das richtige Mindset, dass es für so einen Sender braucht und dann ist es eigentlich auch egal, wie alt man ist. Das habe ich schon damals gesehen und es freut mich, dass sich das gerade komplett bewahrheitet.“
Gina kennt jeden Windstoß an der Küste von Ostfriesland und jeden Schauer entlang der Elbe. Das Wetter zu moderieren gehört zu ihren täglichen Aufgaben. Ansonsten ist jeder Tag wie ein erneuter Sprung ins kalte Wasser. Während viele andere Arbeitnehmer genau wissen, was sie am nächsten Tag bei der Arbeit erwartet, weiß Gina nicht, was morgen relevant ist.
Täglich berichtet Gina von brennenden Themen in Niedersachsen, trifft gelegentlich Promis zum Interview und macht die Hörer mit Gewinnspielen glücklich. Anfangs konnte sie vor Nervosität nicht mal nach Feierabend abschalten, heute macht sie diese Dinge mit links. Und das bei einem Sender, der eigentlich nicht ihrer Altersgruppe entspricht. Doch fühlen sich Menschen, die theoretisch Ginas Eltern sein könnten, überhaupt von einer so jungen Frau abgeholt? Beim Radio kommt es darauf an, allein durch die Stimme eine Bindung zu den Hörern aufzubauen. Gina kennt es gar nicht anders als bei Sendern mit einer älteren Zielgruppe zu arbeiten. Sie ist der Meinung, dass es gar nicht auf das Alter an sich ankommt, sondern auf die Art und Weise, wie man sich präsentiert. „Ich würde nicht unbedingt sagen, dass man On Air eine Rolle spielt, aber dass man einfach nicht alle Seiten von sich zeigt. Das ist ffn und nicht Gina FM. Die Themen handeln nicht von mir, sondern von Niedersachsen.“
Das ist genau das, worauf es letztendlich ankam. Natürlich hatte Gina Glück, in genau dem Moment da zu sein, in dem jemand gebraucht wurde. Doch es gibt einen Grund, warum gerade sie die Person ist, die gebraucht wurde. Es fallen Qualitäten wie Verlässlichkeit, Ehrgeiz und Souveränität, wenn ihre Kollegen über sie sprechen.
Ginas Rat: auffallen! Wenn man etwas will, dann soll man es sein Umfeld wissen lassen. Keine Angst vor Fehlern haben, denn daran stirbt ja niemand.
In Ginas Gegenwart bekommt man das Gefühl von Leichtigkeit. Dieses Gefühl, dass die eigenen Träume doch nicht so weit weg zu sein scheinen. „Es ist machbar. Es ist ein Job, der vielleicht nur auf Andere ungewöhnlich wirkt. Wir sind angestellt und machen unsere Arbeit. Wir sind keine Hollywood Stars.“