Der Wecker klingelt. Wegdrücken. Kommt eh gleich noch einer.
Der Wecker klingelt wieder. Wieder weggedrückt. Einen habe ich noch.
Klingeln. Gut, das ist es jetzt wohl. 6:45 Uhr – Zeit zum Aufstehen.
Ich setze mich auf, gucke mich um und versuche mich räumlich und geistig zu orientieren. „Klar kommen“, so nenne ich diesen alltäglichen inneren Kampf, nicht doch wieder in das weiche Bett zu sinken. 6:50 Uhr. Jetzt aber wirklich. Ich tapse aus meinem Zimmer über den Flur in die Küche. Erstmal einen Kaffee. Also Schrank auf, Tasse raus, Filter, Kaffeepulver … Wasser kocht noch nicht. Gut, dann schon mal ein Toast machen. Einen Toaster haben wir nicht, also Backofen auf, Backpapier auf das Blech. Da liegt noch das Abendessen von meinem Mitbewohner. Chicken Wings und Pommes. Unser WG-Essen. Da fällt es mir immer wieder ein. Ich wohne nicht mehr zu Hause, ich studiere jetzt.
Das Studierendenleben, Quell unsäglicher Abenteuer, wilder Feiern und lebensverändernden Ereignissen. Zumindest, wenn man der Popkultur und einschlägigen Filmen glauben darf.
Was selten gezeigt wird, ist um was es beim Studieren eigentlich geht, nämlich um das Aneignen von neuem Wissen und das Vorbereiten auf das Leben als Erwachsener. Und natürlich darauf, einen guten Job zu finden. Einen Job, der einem Spaß macht und in dem man sein Potenzial bestmöglich ausschöpft. Wenn das Studium beendet ist, soll man sich als verantwortungsbewusster und selbstständiger Mensch in die Gesellschaft eingliedern. Dies stellt mich und andere junge Menschen vor viele neue Probleme.
Im Vergleich zu anderen Jugendlichen, schlägt man etwa in der Shell Jugendstudie von 2015 nach, stehe ich mit ihnen nur in wenigen Punkten vor denselben dort genannten Problemen. Einen sicheren Arbeitsplatz finden, eigene Ideen einbringen, ein hohes Einkommen. Damit habe ich mich wenig bis gar nicht beschäftigt. Momentan dreht sich erst einmal alles darum, mein erstes Semester zu bewältigen und alles was danach folgt, wird dann abgearbeitet, wenn es passiert.
Angekommen in einem vollkommen neuen Lebensabschnitt, oder besser Übergangsabschnitt. Viele neue Erfahrungen prasseln auf einen ein und man versucht diese mit seinen bisherigen Erfahrungen zu verbinden.
Es mag auch sein, dass meine Vorstellung von Universität zu stark geprägt ist von Hollywood. Nein, es spielt keine coole Musik im Hintergrund, wenn man über den Campus geht, sondern man hat nur im Kopf, was man gerade aus vier Stunden Vorlesung mitgenommen hat. Denn je mehr man mitgenommen hat, desto weniger muss nachgearbeitet werden. Das geht aber noch schlimmer. Während einige diesen Anforderungen gewachsen sind, sitzen manche KommilitonInnen weinend zu Hause über ihren Aufgaben.
Obgleich es mich tröstet, dass ich nicht der einzige bin, der mit solchen Problemen konfrontiert wird, lässt es mich doch wieder nachdenken. Wenn man jetzt schon an solchen Aufgaben wie einer wissenschaftlicher Facharbeit mit zweistelliger Zeitenanzahl festhängt, wie soll es dann erst werden, wenn man ein „richtiger“ Erwachsener ist? Irgendwann muss auch mal die Phase des Schaffens kommen – oder nicht? Wie bewältigt man das? Dieser Frage werde ich mir nun in den kommenden Jahren stellen.
Eine wichtige Erkenntnis konnte ich bisher mitnehmen: Nicht alles läuft nach dem Schema F. Manche brauchen länger, um sich irgendwo einzugewöhnen, manche haben schon einen genauen Plan was sie einmal machen wollen, was ihnen wichtig sein wird und wie man ein durchschnittlich guter Erwachsener ist. Es gibt dafür keinen Masterplan! Das wäre wohl zu einfach.
Wer weiß, vielleicht habe ich mich so darauf fokussiert, den Weg in das Erwachsenenleben zu finden, dass ich gar nicht gemerkt habe, wie erwachsen ich schon geworden bin.