Spiel mit dem Feuer

Zugegeben, Bengalische Feuer und bunte Rauchtöpfe sind schön anzusehen – ins Fußballstadion gehören sie aber nicht. Das Spiel mit dem Feuer ist nicht nur gefährlich, sondern auch ziemlich egoistisch.

Offiziell ist das Verwenden von Pyrotechnik in Fußballstadien verboten. Das hält einige Fans aber nicht davon ab, Leuchtfackeln, Rauchutensilien und Co. in die Arenen zu schmuggeln und abzubrennen. Warum sie das tun? Ultras, also der harte Kern der Fußballfans, wollen mit Pyrotechnik Emotionen ausdrücken und eine besondere Atmosphäre schaffen. Und man kann es ihnen nicht absprechen: Wenn die Fankurve zu einem roten Lichtermeer wird oder in farbigen Rauchschwaden versinkt, entstehen eindrucksvolle Bilder.
Doch der Umgang mit den teilweise über 2000 Grad heißen Bengalfackeln ist risikobehaftet. Fans und Unbeteiligten drohen schlimmste Verbrennungen. Auch die beliebten Rauchtöpfe sind mit ihrem gesundheitsschädlichen Qualm eine Gefahr für Stadionbesucher. Noch überflüssiger und gefährlicher ist Silvesterfeuerwerk, sprich Raketen und Böller. So etwas hat nichts, aber auch gar nichts auf den Zuschauerrängen verloren. Befürworter der Pyrotechnik behaupten, dass zumindestens Bengalfackeln und Farbrauch bei richtiger Handhabung ungefährlich seien. Dennoch wurden während der Bundesliga-Saison 2016/17 17 Personen durch Pyrotechnik verletzt, in der Folgesaison waren es zehn.
Bei Ultras ist die Rede von „freudiger und lebendiger Pyrotechnik“, die beispielsweise als „Freudenfeuer nach dem Tor“ eingesetzt wird. Aber was ist, wenn die eigene Mannschaft gegen den Erzrivalen verliert? Nimmt der Hardcore-Fan seine Bengalos einfach wieder mit nach Hause? Bestimmt nicht. Es kommt in Stadien durchaus vor, dass pyrotechnische
Gegenstände Gegenstände absichtlich in gegnerische Fanblocks oder auf das Feld geschossen werden. Oder, dass Fan-Utensilien des Gegners mithilfe von Bengalos zur Provokation verbrannt werden. Wenn es für die eigene Mannschaft schlecht läuft, wird Pyrotechnik zum Ventil für Frust. Allein deshalb wäre eine Legalisierung in Stadien unverantwortlich.
Neben Fans leiden auch Spieler und Vereine unter Pyrotechnik. Häufig müssen Spiele aufgrund zündelnder Fans unterbrochen werden. Der Fußball rückt dadurch in den Hintergrund. Eigentlich kommen Fans ins Stadion, weil sie den Fußball lieben und ihre Mannschaft unterstützen wollen. Pyrotechnik tut aber das Gegenteil. Vereine zahlen hohe Strafgelder für derartige Fan-Vergehen. Bundesligaklubs kostet ein einziger pyrotechnischer Gegenstand im Fanblock 1000 Euro. In einer Saison können so hohe Summen entstehen. Der Hamburger SV musste beispielsweise in der vergangenen Bundesliga-Spielzeit 235.000 Euro Strafe für Pyrotechnik-Vergehen zahlen. Tolle Unterstützung.
Nicht zwingend geht es den Ultras beim Thema Pyrotechnik um Unterstützung. Es geht ihnen eher um Widerstand gegen den modernen Fußball. Sie rebellieren gegen die Kommerzialisierung ihrer Sportart, die in ihren Augen durch den DFB und die DFL vorangetrieben wird. Die Ultras fühlen sich machtlos. Im Gegenzug wollen sie den Verbänden Machtlosigkeit gegen die Pyrotechnik in den Stadien demonstrieren. Dass sie dabei dem Fußball, dem Verein und den anderen Fans schaden, ist diesen Egoisten egal.

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