Über Aluhüte und Verschwörungstheoretiker

Die Corona-Pandemie hat uns seit über einem Jahr fest im Griff. Und trotzdem gibt es Menschen, die das Virus immer noch für einen Witz halten. Isabelle Sorkalla rechnet mit Verschwörungstheoretikern und Corona-Leugnern ab.

Vielen Bürgern reichen Information über Betroffene und sogar Tote schon aus, um den Ernst der Lage zu verstehen und präventive Maßnahmen in den Alltag einzubauen. Nicht jedoch den unzähligen Verschwörungstheoretikern, bei denen der Wahnsinn um schwachsinnige Theorien jetzt erst so richtig beginnt. Corona als Vorwand des Staates, Grundrechte langzeitig einzuschränken oder eine Impfung, mit der jedes Individuum mit einem Chip ausgestattet wird? Bedenklich ist, dass mittlerweile auch Prominente – bezeichnen wir sie lieber als Personen des öffentlichen Lebens – diesen Theorien Glauben schenken. Lächerlich und eigentlich ein guter Anlass, um mal wieder so richtig zu lachen. Jedoch haben diese Personen eine Vorbildfunktion und beeinflussen erschreckenderweise die Meinungen vieler.

Denn es soll ja auch Menschen geben, denen ein Verstand, mit dem logische und vernünftige Rückschlüsse gezogen werden, nicht gegönnt ist. Während der Corona-Pandemie hat sich herauskristallisiert, dass auch dieser Personengruppe eine Bezeichnung würdig geworden ist: Corona-Leugner. Corona-Leugner aka Querdenker aka Covidioten, meist verbreitet jedoch unter dem Synonym „Verschwörungstheoretiker“. Auch der Titel „Aluhut“ wird ihnen gerecht. Vermutlich bedarf dies einer kurzen Erklärung: „Aluhüte“ sind genau genommen Verschwörungstheoretiker, die durch den Aluhut vor äußeren Einflüssen und Gehirnwäschen jeglicher Art geschützt sind. Im Zusammenhang mit der Corona Pandemie können all diejenigen als „Aluhüte“ bezeichnet werden, die von einer Zwangsimpfung seitens Bill Gates überzeugt sind und ebenfalls an die Erschaffung einer neuen Weltordnung glauben.

 

Dr. Sebastian Naumann, Diplom-Psychologe.(Quelle: privat)

Hört sich an wie ein Witz, und in gewisser Weise muss man sich die Frage stellen, ob solche Menschen wirklich so doof sind oder – in der Hoffnung aller – nur so tun. Ein kurzer Lacher macht sich breit, dicht gefolgt von Fassungslosigkeit. Gefährlich ist jedoch die Behauptung, das Corona-Virus sei völlig harmlos und mit einer einfachen Grippe gleichzusetzen. Durch dieses Verharmlosen und die Überzeugung, die Maßnahmen der Bundesregierung seien völlig überzogen, wird eine Vielzahl anderer Personen in Gefahr gebracht. Die Querdenker sprechen von einer Beraubung der Menschenrechte und reagieren mit Zorn: Das Verweigern, eine Maske zu tragen, und auch die Bildung von Corona-Demos, sind nur Beispiele.

Nun ist aber die Frage aller Fragen: Wie kommt es dazu, dass so viele die existierenden Verschwörungstheorien nicht in Frage stellen, sondern diesen fast blind vertrauen? Psychologe Dr. Sebastian Naumann hat sich unter anderem dieser Frage gestellt und gibt einige interessante Einblicke in die Denkweise der Corona-Gegner

Jana aus Kassel und Querdenken 711

Für Sebastian Naumann ist eine innere Unsicherheit eine Erklärung für die Reaktion der Corona-Leugner. Dabei verfolgt uns das Virus nun schon seit März 2020 auf Schritt und Tritt und hat Auswirkungen, die verheerend sind. Corona ist also schon ungefähr seit 13 Monaten, zwei Jahreszeiten und gefühlt etlichen Lockdowns, ein Bestandteil unseres Alltags.

Das soziale Leben und die Wirtschaft wurden zum Erliegen gebracht, Ausgangsbeschränkungen und harte Lockdowns wurden verhängt. Kurz: die Situation ist besorgniserregend. Aber für viele anscheinend nicht besorgniserregend genug. Die beschriebenen Corona-Leugner sind nicht scheu und geben ihre Meinung zum Besten. Corona-Demos mit körperlicher Anwesenheit bestimmen diese erschwerte Zeit. Eine Demo in Hannover schenkte uns das Phänomen der „Jana aus Kassel“. Eine junge Frau, die sich in ihrer Freiheit beraubt fühlt und außerirdische Vergleiche zur nationalsozialistischen Zeit äußert. Oder auch Michael Ballweg, Organisator und Redner der Demos gegen die Schutzmaßnahmen, der ebenfalls die „Querdenken Initiative“ gründete und die Wortrechte an „Corona 711“ erworben hat.

Jana aus Kassel auf der Querdenken-Demo in Hannover. (Quelle: Screenshoot Twitter/MdBdesGrauens)

Im Netz lassen ebenfalls viele ihrer Meinung freien Lauf. Auf der Plattform Telegram, die ähnlich wie WhatsApp funktioniert und in der Communitys aufgebaut werden können, wurden diverse Chatgruppen gebildet. In diesen tauschen sich Querdenker aus, unterstützen sich gegenseitig in ihren angeblich wahren Theorien und Thesen über das Corona-Virus und wiegen sich somit auf virtuellem Wege in Sicherheit. Schwarzer Humor hin oder her und eine eventuell deplatzierte Aussage mehr, aber ist es nicht pure Ironie, dass der Gründer dieser Telegram-Covidioten letztlich den Folgen von COVID-19 erlegen ist?

Hildmann und Wendler: Die Corona-Realisten

Viele Menschen demonstrieren gegen die Coronavirus-Maßnahmen. (Quelle: pixabay/muenocchio)

Nun leben wir aber in einer Zeit, in der Digitalisierung überhand gewinnt und unser aller Leben auf verschiedenste Art beeinflusst. Instagram, Twitter und Facebook sind die bekanntesten sozialen Medien, bilden aber nur einige wenige ab.

Als sei das Bilden solch absurder Gruppen auf Social-Media-Kanälen nicht schon genug, denken jetzt auch Prominente ihr Befinden über das Corona-Virus in der Öffentlichkeit bekunden zu müssen. Dass diese bekannten Personen eine Vorbildfunktion einnehmen und durch ihre starke, öffentliche Präsenz samt großer Reichweite tausende von Menschen in ihrer Meinung und ihrem Handeln beeinflussen könnten, ist erschreckend.

Attila Hildmann beispielsweise, bis zuletzt bekannt als Kochbuchautor und Liebhaber der veganen Küche, wird seit 2020 vermehrt als Verbreiter von Verschwörungsideologien wahrgenommen. Oder der deutsche Sänger Michael Wendler – es wird gemunkelt, diese Berufsbezeichnung sei selbsternannt – welcher von einer „angeblichen Corona-Pandemie“ spricht. Betonung liegt selbstverständlich auf „angeblich“, denn wer oder was ist dieses Corona überhaupt? Hat Michael Wendler es in der Vergangenheit lediglich durch seine Frau Laura (20) auf die Bildfläche geschafft, wurde nun also ein neues Standbein aus dem Boden gestampft. Mindestens genauso viel Aufmerksamkeit, aber schwindende Verträge und Manager, die gerade noch die Kurve aus dem Wahnsinn bekommen haben.

Der Umgang mit der Corona Pandemie stellt die Menschheit vor eine schwere Aufgabe, für die es Geduld und Respekt braucht. So sollten wir alle gemeinsam versuchen, einen kühlen Kopf zu bewahren, merkwürdige Nachrichten über das Virus zu hinterfragen und das Beste aus der Situation zu machen.

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