„Erst suche ich ein Bild aus, dann füge ich hinzu, was mir so in den Sinn kommt“. Der 19-jährige Caleb aus Australien hat 2015 eine Instagram-Seite namens ‚turfle‘ ins Leben gerufen, und das mit Erfolg. Seine über 100.000 Follower unterhält er fast tagtäglich mit Memes, in Form von lustigen Bildern oder Videos mit humorvollen Untertiteln. Entweder kreiert er seine Posts selbst oder er übernimmt sie von anderen Meme-Seiten. Doch das sind längst nicht die einzigen Formen, in der sich Memes im Internet wie ein Lauffeuer verbreiten. Webseiten, Hashtags, Wörter, Tänze oder um es zu verallgemeinern: Einfach jedes Päckchen an Information kann online viral gehen. Nach dem Evolutionsbiologen Richard Dawkins lässt sich dieser Prozess der Verbreitung einer kleinsten kulturellen Einheit namens Mem mit der Übertragung eines Gens vergleichen. Es sei im Grunde eine Idee, die in Umlauf gesetzt und von Person zu Person weitergegeben werde. Dabei gilt: Je einfacher ein Gedanke zu kopieren ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine breitere Menschenmenge sie weitergibt.
Auch Caleb überzeugt seine Follower, indem er einfache Memes über Alltägliches postet. Das kommt bei seinen Abonnenten gut an, denn diese lösen oft Betroffenheit und Mitgefühl aus. Memes werden aus diesem Grund sehr häufig zwischen Freunden und Vertrauten hin und her geschickt. Kate Miltner, Technologie- und Gesellschaftsforscherin, untersuchte die psychosozialen Mechanismen, die die Meme Kultur untermauern. Memes seien so beliebt, da sie unserem Drang zur „teilnehmenden Kultur“ zu gehören, unterliegen. Durch das Teilen von Memes können sich Menschen, die zuvor „keine Stimme“ hatten, an den neuen Formen des Humors beteiligen. Damit entstehe ein Gefühl der Zugehörigkeit und der Empathie. Auch als eine Art der schnellen und kurzen Kommunikation werden Memes eingesetzt. Statt einer Person direkt ein „ich denke an dich“ zu schicken, sendet man einfach ein Meme, welches diese Aussage bereits beinhaltet und dazu den Empfänger vielleicht sogar aufheitert. So können Beziehungen zu anderen Menschen gepflegt und gestärkt werden. Denn wie man so schön sagt: Humor verbindet.
Dieser Humor spiegelt sich zudem in politischen Memes wider. Ob Trump und Putin, die gemeinsam oberkörperfrei auf einem Pferd galoppieren oder Merkel, die ihr Gesicht zu einer Grimasse verzieht – Memes können auf eine überspitzte, satirische Art und Weise gesellschaftlich und politisch wichtige Diskussionen auslösen. Als Teil der Internetkultur gestalten sie Werte und Normen. Memes dienen neben anderen Informationsquellen der Verbreitung aktueller Nachrichten und Debatten. Sie erreichen somit vor allem jüngeres Publikum, das sich eventuell weniger intensiv mit gesellschaftlichen Themen befasst. Durch einfaches Teilen müssen Internetnutzer ihre Gefühle oder ihre Meinung gegenüber einem Problem nicht mit eigenen Worten beschreiben. Das geteilte Statement hat eine höhere Chance, sich weit zu verbreiten. Kampagnen, Organisationen oder Aktivisten versuchen oft mit Hashtags auf relevante Themen aufmerksam zu machen. Eines der bekanntesten Beispiele ist die MeToo-Bewegung in 2017, bei der Frauen in den sozialen Medien ihre Erfahrungen mit Diskriminierung, Missbrauch und sexuellen Übergriffen teilten. Die darauffolgende Debatte erregte großes Aufsehen und wurde vor allem durch das Hashtag #MeToo im Netz weit verbreitet.
Mittlerweile nutzen sogar zahlreiche Unternehmen Memes, um potenzielle Käufer anzuwerben. Es gibt viele Meme-Plattformen, die Millionen von Followern haben und von verschiedenen Unternehmen als Werbeinstrument genutzt werden. Bestmemes ist eine Meme-Seite auf Instagram, die mit Humor Nähe zu ihren 13,8 Millionen Followern schafft. Pro Tag postet sie mehrere Werbeanzeigen in Form von Memes. Dabei werden Dinge von Apps über Kleidung bis hin zu Bettzeug verarbeitet. Diese Seiten zu Marketingzwecken zu nutzen, zahlt sich für die einzelnen Unternehmen aus. Timo Armoo, CEO des Influencer Netzwerks Fanbytes, erklärt: „Für eine Million Follower bezahlt man einem Influencer 15.000 Dollar, einem Meme-Account für die gleiche Followeranzahl 1.000 Dollar“. Daher werden Meme-Seiten immer attraktiver für Unternehmen. Sie können Inhalte mit einem Witz vermitteln. Das verschafft mehr Aufmerksamkeit.
Sogar auf „turfle“ hat Caleb bereits einige Werbeanzeigen gebracht. Er hat jedoch gemerkt, dass es seinen Abonnenten eher weniger gefällt. Noch hat er den Fokus darauf, seine Abonnenten mit den Memes, die er postet, glücklich zu machen und sie zum Lachen zu bringen. Doch welchen Zweck seine Auswahl an Memes bewirken soll, wird er für die Zukunft selbst entscheiden. Klar ist, dass Memes durch ihre Vielseitigkeit fast überall kommunikativ genutzt werden können.