Vielen von uns kommt diese Situation sehr bekannt vor: Ein stickiger, enger Raum. Eines Tages findet man sich einfach dort. Man rutscht auf dem Stuhl hin und her, spielt mit einem Stift, um die zitternden Hände zu beruhigen, versucht sich mit aller Kraft zu konzentrieren und hat das Gefühl, kurz vor dem Durchdrehen zu stehen. Jedes Geräusch wird zur Qual, das Herz rast wie verrückt. Plötzlich das Gefühl von Angst und Panik, Unsicherheit, Schwindel, Atemnot. Man blickt sich nach allen Seiten um, auf der Suche nach Hilfe, nach einem Hauch frischer Luft. Nach einem Ausweg aus diesem Raum. Genau genommen: einem Ausweg aus der Situation, in die man geraten ist.
Solche körperlichen und geistigen Reaktionen sind bekannt als Panikattacken, hinter denen dauerhafter Stress steckt. Er taucht im Leben ziemlich plötzlich auf, ohne Vorwarnung. Auf einmal kommt der Moment, in dem man feststellt, dass man nicht damit fertig wird, und in dem man sich einen Neustart herbeisehnt. In diesem einen Moment wird es von allem zu viel. Nur von der Zeit, die für die Erledigung aller Aufgaben und für die Lösung aller Problemen bleibt, bleibt viel zu wenig.
Wie viele ungelöste Probleme leben in unseren Köpfen? Allein, alle aufzuzählen, ist schwer, geschweige denn mit ihnen fertig zu werden: Lernschwierigkeiten, Prüfungsängste, psychische Belastungen und Krisen, finanzielle Probleme, Zukunftsängste, Einsamkeit – eine unvollständige Liste von Stressfaktoren.
Wie gehe ich mit dem Stress um?
Stress macht uns tatsächlich krank. Dauerstress hinterlässt Spuren in nahezu allen Organsystemen. Permanente Anspannung führt zu Schlafstörungen, hormoneller Dysfunktion, Problemen im Magen-Darm-Trakt. Sie schwächt das Immunsystem und gilt sogar als Risikofaktor für Diabetes und Herzkreislauferkrankungen. Ständige Belastung hat neben den körperlichen Auswirkungen auch psychische Folgen wie Konzentrationsschwierigkeiten, Nervosität, Reizbarkeit, Angst und Unruhe und führt zu Depression, Panikattacken, Burn-out und kann sogar schwerwiegendere psychische Erkrankungen hervorrufen. Unser Gehirn reagiert sehr sensibel auf belastende Situationen. Ein höherer Kortisolspiegel führt zu Gedächtnisschwund und zur Verschlechterung der visuellen Wahrnehmung. Das zeigte eine Studie der Harvard Medical School in Boston, Massachusetts.
Langzeitstress erschöpft uns physisch und psychisch, beansprucht unseren Körper, blockiert Denkprozesse und löst irreversible Prozesse in unseren inneren Organen aus. Je höher der Stress, desto schlechter fühlen wir uns.
Stress ist eine universelle Antwort des Körpers auf psychische und körperliche Belastungen. Oder, wie Selye sie beschreibt, eine “unspezifische Antwort des Organismus auf alle Anforderungen, die an ihn gestellt werden”. Wenn wir uns herausgefordert und bedroht fühlen, setzt das Nervensystem Hormone wie Kortisol, Adrenalin und Noradrenalin frei, die den Körper auf Notfallmaßnahmen vorbereiten. Das Herz schlägt schneller, die Muskeln verspannen sich, der Blutdruck steigt, die Atmung beschleunigt und die Sinne schärfen sich. Diese physischen Veränderungen steigern die Kraft und Ausdauer, beschleunigen die Reaktionszeit, verbessern die Aufmerksamkeit und bereiten uns auf einen Kampf oder eine Flucht vor der Gefahr vor. In Notsituationen kann diese Reaktion „Kampf oder Flucht“ unser Leben retten – sie gibt uns zusätzliche Kraft, um uns zu schützen oder in Sicherheit zu bringen. Auch bringt sie uns zum Beispiel dazu, blitzartig zu bremsen, um einen Umfall zu vermeiden. Stress fördert auch die mentale Aktivität. Wenn man bei der Arbeit unter Termindruck steht, mobilisiert Stress die Reserven des Organismus, wodurch sich die Konzentration und Effektivität erhöhen. Derselbe Mechanismus sorgt dafür, dass man vor einer Prüfung hochmotiviert ist, zu lernen, anstatt Netflix zu schauen. Normalerweise nimmt die Spannung nach einiger Zeit ab und einer relativ kurzen, akuten Phase der Anspannung und Belastung folgt eine Phase der Entspannung und Entlastung.
Wenn die Stressbelastung und ihre Dauer steigen, entsteht die negative Form des Stresses, der Distress oder auch Dauerstress. Und je länger diese Belastung dauert, desto schädlicher wirkt sie auf unsere Gesundheit, Stimmung, Leistung und Lebensqualität sogar. Die Schwere der negativen Auswirkung von Stress liegt also in seiner Dauer und Quantität, die sich zu Qualität entwickelt.
Stress im Studium ist sehr üblich. Vor allem in der Zeit der Ausbildung und des Studiums kommt Stress besonders häufig, beinahe alltäglich vor. Viele Studierende entwickeln vor dem Hintergrund großer Herausforderungen und Dauerbelastung Stress.Dass Studenten heutzutage sehr gestresst sind, beweist auch eine empirische Untersuchung, die 2016 im Auftrag des AOK-Bundesverbandes durchgeführt wurde. An der Online-Befragung der Universität Potsdam und der Universität Hohenheim nahmen 18.000 Studenten verschiedener Fachhochschulen und Universitäten in Deutschland teil. Das Ergebnis der Untersuchung zeigte, dass mehr als die Hälfte der Studenten an einem hohen Stresslevel leiden. „Es ist vor allem der Stress, der durch Zeit- und Leistungsdruck sowie die Angst vor Überforderung entsteht, was Studierenden das Leben schwer macht. 53 Prozent geben ein hohes Stresslevel an, damit rangieren sie sogar vor anderen Bevölkerungsgruppen.“, so Studienleiterin Prof. Dr. Uta Herbst von der Universität Potsdam.
Was wissen wir über Stress?
Immer wieder stoßen wir auf etwas, das uns stresst. Stresssituationen tauchen plötzlich und unerwartet auf. Um genauer zu verstehen, was Stress ist und welche Auswirkungen er auf uns hat, wenden wir uns der Geschichte zu. Der Erste, der Mitte des 20. Jahrhunderts den allgemeinen Reaktionsmechanismus des Organismus auf äußere Reize beschrieb, war Hans Selye. Er entdeckte als Erster die stereotypische Antwort des Körpers auf beliebige Reize, in anderen Worten auch auf Stress. Dank dieser Entdeckung verstehen wir heute, dass diese auf den ersten Blick so unvergleichlichen Ereignisse wie eine Naturkatastrophe, ein gebrochenes Bein, der Tod eines nahen Angehörigen oder Freundes, das Versagen in einer Prüfung, ein Unfall oder Schlafmangel für den Organismus tatsächlich vieles gemeinsam haben. All diese Situationen verändern den gewohnten Ablauf der Dinge, an die sich unser Körper erst von neuem anpassen muss – ob wir das wollen oder nicht.
Stress gehört zum Leben
Wenn der Stress unaufhaltsam wächst und zu lang anhält, müssen Maßnahmen ergriffen werden. Um Stress und seine schwerwiegenden Konsequenzen zu vermeiden, genügt es, nur einige einfache Regeln zu befolgen, mit deren Hilfe ein Neustart durchgeführt und innere Anspannung gelöst werden kann.
Selbstpflege gegen Stress
Gesunde Ernährung, beständige Bewegung, regelmäßiger Schlaf und ein richtiger Schlafrhythmus helfen dabei, Stress abzubauen. Solche einfachen Verhaltensweisen sind äußerst wichtig, um die Stimmung zu verbessern und Stress zu vermeiden.
Zeit für kurze Pausen
Manchmal reicht es aus, sich Zeit zu nehmen, um innezuhalten und sich auszuruhen, um sich besser zu fühlen. Es helfen kurze Pausen, um vom Stress abzuschalten und zur Ruhe zu kommen. Es bietet sich zum Beispiel ein Gang an die frische Luft an, um sich sofort von stressigen Gedanken distanzieren zu können. Kurze Atemübungen und Meditation sind dabei auch sehr hilfreich.
Bewegung und Sport tun gut
Durch Bewegung werden solche Hormone wie Endorphine und Serotonin produziert, die Stresshormone neutralisieren, weshalb Bewegung und Sport die Gesundheit deutlich positiv beeinflussen. Ein Spaziergang oder Lauftraining mit Musik werden die Stimmung erheblich beflügeln.
Es ist aber auch sehr wichtig, einen Überblick zu behalten, wenn man seit langer Zeit unter steigendem belastenden Druck steht. Wenn dieser dem Wohlbefinden merkbar schadet, sollte sich an einen Experten gewandt und professionelle Hilfe ersucht werden. Das Wichtigste ist, seinen eigenen Zustand nicht zu ignorieren und den Stress so gut wie möglich unter Kontrolle zu halten, damit dieser nicht zu einem Teil des Alltages wird. Die Gesundheit ist unser wertvollster Reichtum.