Wenn eine Nudel den Strohhalm ersetzt

Plastikstrohhalm, adé! Ab 2021 müssen EU-Bürger auf viele Einweg-Plastikprodukte verzichten. Wie soll das funktionieren und welche Alternativen gibt es bereits? Gina-Marie Murgia hat die Antworten.

Wer kennt es nicht? Auf Geburtstagen werden gerne mal Plastikteller und -becher benutzt. Sie erleichtern die Aufräumarbeiten im Nachhinein schließlich immens und die Gefahr, dass etwas kaputt geht, ist um einiges geringer. Unseren Cocktail beim gemütlichen Zusammensitzen mit Freunden trinken wir gerne mal aus einem Plastikstrohhalm, obwohl wir den eigentlich gar nicht brauchen.

Damit ist nun Schluss. Denn am 19. Dezembers 2018 verkündete die Europäische Union ihr Verbot für Plastikprodukte. Darauf haben sich Unterhändler der EU-Kommission, des Europarlaments und des Rats der Mitgliedsstaaten dieses geeinigt. Ab 2021 sollen in der gesamten EU Einwegartikel mit Plastikanteil wie Strohhalme, Geschirr oder Wattestäbchen verboten werden. Unter dieses Verbot fallen, laut der EU, jedoch nur Produkte, für die es bereits bessere, umweltfreundlichere Alternativen gebe. So können To-Go-Speisen künftig in Behältern aus Palmblättern genossen werden und der herkömmliche Strohhalm könne künftig aus Nudelteig bestehen. Die EU hofft mit diesem Verbot den CO2-Austoß um 3,4 Millionen Tonnen zu senken und so entstehende Umweltschäden im Wert von 22 Milliarden Euro bis 2030 zu umgehen. Für mehr als eine halbe Milliarde Einwohner wird sich der Wocheneinkauf, der Feierabend-Cocktail oder der Kindergeburtstag erheblich verändern.

Plastik – der geliebte Begleiter im Alltag

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Ich mache mir eigentlich keine Gedanken darüber, wenn ich aus einem Strohhalm trinke oder wenn das Familienessen mit 20 Personen auf Plastikgeschirr serviert wird. Das ist schließlich einfach schon immer so gewesen. Würden wir uns mehr Gedanken, um solche gesellschaftskritischen Themen machen, anstatt die Augen vor ihren Folgen zu verschließen, wäre der Wille etwas zu ändern, womöglich größer. Die Fakten sind erschreckend: Mehr als 80 Prozent des Mülls in unseren Ozeanen besteht laut EU aus Plastik. Wiederum 80 Prozent dieses Plastikmülls stammt vom Land. Dort produzieren wir Menschen jährlich rund 260 Millionen Tonnen Plastikmüll. Allein 350.000 Tonnen stammen dabei aus Deutschland. Eine Studie des Umweltberaters Alexander Potrykus legt hierbei offen, dass der größte Anteil an Plastikmüll in den europäischen Meeren aus Plastiktüten und -flaschen hervorgeht. Und das, obwohl wir genau diese Produkte doch eigentlich ganz einfach vermeiden können.

Wer auf Plastik verzichten möchte, schafft das auch!

Wenn wir ehrlich sind, tun wir das meistens trotzdem nicht. Vielleicht, weil wir keine Kompromisse eingehen möchten. Wer denkt beim Shoppen schon immer an seinen Jutebeutel und wer trägt schon gerne schwere Glasflaschen nach dem Einkaufen in die Küche? Es gibt heutzutage viele Alternativen, um auf Plastik zu verzichten, auch wenn das nach einem Blick in die Einkaufsregale vielleicht nicht immer so ganz vorstellbar ist. Das Fleisch vom Metzger kann in der selbst mitgebrachten Dose eingepackt werden, sämtliches Obst und Gemüse landet einfach ohne Plastiktüte im Einkaufswagen und der nächste Coffee-To-Go kann aus dem eigenen, wiederverwendbaren Becher getrunken werden. Oft gibt es dabei sogar Rabatt auf das Heißgetränk. Wer in seinem Leben ganz auf Plastik verzichten möchte, hat es schon etwas schwerer. Unmöglich ist es trotzdem nicht.

In nahezu jeder Großstadt und teils auch in kleineren Städten, erleichtern sogenannte Unverpackt-Läden den plastikfreien Einkauf. Egal ob Müsli, Zahnpasta oder Käse, hier gibt es alles ganz ohne Plastik. Einiges davon kann der Kunde selbst in eigene Gefäße abfüllen. Anderes, wie etwa Shampoo oder Deodorant, gibt es oft als Stück und ist in Papier verpackt. Doch leider haben Unverpackt-Läden einen großen Minuspunkt:  Sie sind teuer. Ein Experiment des NDR-Reporters Uwe Leiterer verdeutlicht das sehr gut. Während er für einen Einkauf in einem herkömmlichen Supermarkt 12 Euro bezahlt, ist dieser in einem Hamburger Unverpackt Laden mit 48 Euro für sechs Produkte, fast viermal so teuer. Wer der Umwelt etwas Gutes tun möchte, die finanziellen Mitteln für ein komplett plastikfreies Leben aber nicht ausreichen, hat trotzdem viele billige und einfache Alternativen, um seinen Plastikkonsum ein wenig einzuschränken. Mit dem EU-Verbot und den damit eingeführten, umweltfreundlicheren Plastikalternativen, gelingt das sicher noch einfacher. Und mal ehrlich: Solange der Cocktail schmeckt, kann der Strohhalm auch gerne eine Nudel sein.

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