Anwesenheit als Erfolgskriterium im Studium?

In Niedersachsen muss keiner die Hörsaalbank drücken, der das nicht will. Dennoch spalten sich die Lager der Studierenden: Was spricht für Anwesenheit, was dagegen? Ein Pro und Contra von Laura Kucharczyk.

Pro Anwesenheit

Wichtige Bereiche des Studiums, welche von Diskursen und Debatten leben, erfordern Partizipation und können durch kein Selbststudium erarbeitet werden. Für Studentin Jessie ist die Abwesenheit eine Frage der Unterrichtsgestaltung. Viele ProfessorInnen führen das Skript in ihren Veranstaltungen weiter aus, um das Verständnis zu vervollständigen. Das zahlt sich auf die Klausurnote aus. Studentin Luisa sagt, dass sie durch das Zuhören mehr mitbekomme. Skripte allein reichen ihr nicht für das Verständnis aus. Jessie teilt diese Meinung: „Beim persönlichen Erscheinen kann ich nachfragen und mitbekommen, was andere fragen.“

Denise Sommer ist Professorin an der Ostfalia-Hochschule. Sie erklärt: „Der persönliche Kontakt spielt für das Lernen eine große Rolle, gefühlte persönliche Kommunikation ist wichtig.“ Wer häufiger in der Lehrveranstaltung ist, mache sich das Leben leichter. Mit dem Erscheinen leistet man Vorarbeit für die kommenden Klausuren.

Zuletzt spricht für die Anwesenheit: Man bleibt näher an seiner Peergroup. Das stärkt die Bindung an die Gruppe und erhöht den Wunsch, das Studium gut abzuschließen. In diesem Fall fördert der Druck, zur Veranstaltung zu erscheinen, den Studienerfolg.

Contra Anwesenheit

Klare Prioritätensetzung ist oft ein Gebot der Not: Wenn ein Forschungsprojekt, ein Referat und ein Praxisprojekt in enger Taktung innerhalb des Semesters abzuliefern sind, muss man einfach priorisieren. „Wenn ich mal fehle, dann liegt es entweder daran, dass andere Module wichtiger sind und ich für diese etwas erarbeiten muss oder ich bin krank“, bekräftigt Jessie. Die Präsenzpflicht ist ein Zwang, der die Entscheidung nimmt, die eine oder andere Veranstaltung auszulassen.

Das Minimalprinzip ist legitim. Gerade klausurlastige Fächer wie BWL haben schon viele Studis erfolgreich bestanden, ohne jemals einen Hörsaal von innen gesehen zu haben. Eine Anwesenheitspflicht bedeutet noch lange nicht, aufmerksam aufzupassen und aktiv teilzunehmen. Dies stellt ein großes Defizit für die eigene Motivation dar. Je nach Lerntyp kann es ebenso gelingen, sich mit Fachbüchern vorzubereiten und die Klausur erfolgreich zu bestehen.

„Studierende besuchen Veranstaltungen, wenn sie das Gefühl haben, dass es für die Prüfungsleistung relevant und hilfreich ist, zu kommen“, sagt Ostfalia-Dozent Christian Raupach. Für einen guten Notenspiegel, findet Magnus Kurz, Student an der Uni Freiburg, „ist es oft nicht notwendig, die Vorlesung zu besuchen, da diese meist über den klausurrelevanten Stoff hinausgeht, der nicht von einem verlangt wird.“

Das Studium soll eigenverantwortliches Handeln trainieren, wie es auch im späteren Berufsleben gefordert wird und das ist nur durch eine freie Entscheidung zu gewährleisten.

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