Achselhaare for feminism!

Man sieht es immer mehr, das Achsel- oder Beinhaar auf Social Media. Junge Frauen präsentieren ihre Behaarung und rufen unter dem Hashtag Feminism zur mehr Selbstbestimmung auf. Aber hat Körperbehaarung im Internet wirklich was mit Feminismus zu tun?

Prominente, wie das schwedische Model Arvida Byström zeigen ganz offen ihre Behaarung auf Instagram. Das Model ist auch in einer Werbekampagne der Marke Adidas zu sehen und erntet dafür ordentlich Hass. Auch auf nicht-prominenter Ebene breitet sich der Trend aus. Fitnessbloggerin Morgan Mikenas als bekannteres Beispiel, aber auch tausende Privatpersonen zeigen sich im Internet unrasiert. Wenn man den Newsfeed auf der Social Media Plattform Instagram durchscrollt, stößt man immer wieder auf solche Bilder von weiblicher Körperbehaarung. Seien es Beinhaare, Achselhaare oder sonstige. Entweder werden sie bewusst in Szene gesetzt oder sind nur beiläufig zu sehen. Die geläufigsten Hashtags, die man unter diesen Posts findet sind #bodyhairdontcare, #bodyhair, #selflove und #bodypositive und hin und wieder auch mal #feminism.

Große Veränderung in den letzten 100 Jahren

Wieso aber Feminismus? Geht es dabei nicht eigentlich in erster Linie um Gleichberechtigung von Frau und Mann? Ja. Der Feminismus kämpft für gleiche Rechte wie gerechte Einkommensverhältnisse für Frauen und gegen sexuelle Diskriminierung am Arbeitsplatz oder in der Werbung. Es hat sich seit den ersten Schritten, vor bereits über einem Jahrhundert, einiges getan. Frauen dürfen wählen, sich weiterbilden und auch Führungspositionen einnehmen. Die Frau kann und darf mittlerweile eigentlich alles was der Mann schon immer gemacht hat. Natürlich sind Mann und Frau gleichgestellt! – denkt man. Neben Lohnlücken und Sexismus, gibt es trotzdem noch Rollenbilder und Stereotype aus denen sich Frauen immer wieder herauskämpfen müssen.

Selbstbestimmen? – darf und kann jeder! Wenn man dann aber anders ist, als die Gesellschaft es vorschreibt, zieht man die Aufmerksamkeit auf sich. So werden Frauen, die beispielsweise ihre Körperhaare nicht entfernen, argwöhnisch gemustert. Dabei wollen Frauen wie Morgan Mikenas einfach nur Zeit im Bad sparen und sind zufrieden mit sich, so wie die Natur sie geschaffen hat. Zwar brechen sie damit die herrschende Pseudonorm, aber da geht es nicht um Feminismus, sondern um Selbstliebe und Akzeptanz. Dazu gehört eine Menge gesundes Selbstbewusstsein heutzutage, wofür Frauen wie sie auch stehen.

In den Gender Studies wird die Bedeutung des Geschlechts erforscht, welcher dieser Theorie nach, ein Konstrukt der Gesellschaft ist. Es wird davon ausgegangen, dass es keine vorbestimmten Zusammenhänge zwischen dem biologischem und dem sozialen Geschlecht gibt. Man wächst in die Regeln und Vorstellungen der Gesellschaft hinein und passt sich an, doing gender. Die Gender Studies sind ein Teilgebiet des Feminismus und ihr Grundsatz ähnelt dem Gleichheitsfeminismus. Beide Geschlechter sind gleich. Was sie sozial unterscheidet, sind die Rollen in welchen sie leben.

Frau, als das schöne Geschlecht

Geht es bei der Selbstbestimmung ob der eigene Körper behaart ist oder nicht, nicht aber auch um gewisse Rollenbilder und Stereotype? Die Frau ist das schöne Geschlecht oder nicht? Und zu heutiger Zeit ist sie das ohne Körperbehaarung. Dieses Bild hat sich in der Gesellschaft etabliert. Und natürlich gibt es immer Menschen die gegen den Strom schwimmen, aber muss man sowas auf Social Media präsentieren? Und natürlich wird sich dabei von dem gesellschaftlichen Rollenbild abgewandt, aber ist es nicht einfach nur eine Trenderscheinung? Denn mehr ist es doch eigentlich nicht: ein Trend, welcher sich vor einigen Jahren entwickelt hat und bei dem die Möglichkeit auf Vorüberziehen, genau wie bei anderen Trends, besteht.

Es ist schwer, diese Welle der medialen Rebellion gegen das Rasieren wirklich dem Feminismus zuzuschreiben. Viele Frauen machen es ja auch nicht des Feminismus wegen. Doch mit welchen Hintergründen man auch an dieses Thema herantritt, oder aus welchen Gründen Frau sich dazu entscheidet den Rasierer liegen zu lassen, es hat feministische Züge. Die Selbstbestimmung über den eigenen Körper ist etwas, wofür auch im Feminismus gekämpft wird, das Hinterfragen des Rollenbildes auf anderer Ebene. Doch ob Postings von Körperbehaarung auf Social Media wirklich als Teil der Frauenbewegung zu sehen sind, ist fragwürdig.

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