Der Weg zum eigenen Buch

Stellt man sich einen Autor oder eine Autorin vor, verbindet man im ersten Moment nicht unbedingt eine Anfang 20-jährige Frau damit. Das Klischee des Autors ist meist noch von älteren, weißen Männern geprägt. Doch dank der Digitalisierung eröffnen sich immer mehr Wege, im professionellen kreativen Schreiben aktiv zu werden.

„Ich gehe da jetzt raus und veröffentliche meine Geschichte!“, diesen Satz haben sich die beiden Jungautorinnen Nikolina Drum (23) und Sonny James (23) gedacht, als sie vor circa neun Jahren ihre Geschichten im Internet erstmals selbst veröffentlichten. Beide sind in ihren 20ern und haben sich online eine Leser-Community aufgebaut. Nikolina veröffentlichte ihr Buch Million Dollars between us 2017,  Sonny steht kurz vor ihrer Veröffentlichung ihres Buches New York Idiot. Beide durften ihre Geschichten zuvor auf der Social-Storytelling-Plattform Wattpadveröffentlichen und fanden dort eine große Leserschaft. Vor allem aber Nikolinas Geschichte war von den Anfängen ihres Schreibens bis hin zur Veröffentlichung ihres Buches von Herausforderungen geprägt.

 

Nikolinas und Sonnys Geschichten zeigen, dass es neue Wege gibt, um als AutorIn in die Öffentlichkeit zu schreiten. Im Laufe der letzten Jahre haben Alternativen, wie Wattpad und Social-Media-Plattformen, bei der Entdeckung von AutorInnen mehr Gewicht bekommen, so Sabine Ley, Lektorin bei der Droemer Knaur Verlagsgruppe.

Autorin Sonny auf ihrem Bookstagram. (Quelle: Sonny James)

Doch nichts ist wichtiger als die Leidenschaft zum Schreiben. Der Prozess an sich ist von viel Kreativität und Ideen geprägt. Diese Ideen kommen „nicht in den eigenen vier Wänden, sondern wenn man unterwegs ist“, erzählt Sonny. Besonders in Cafés inspirieren sich die beiden: „Ich habe die Leute beobachtet. Das mag sehr mysteriös klingen, aber das war einfach interessant für mich zu sehen, wie sie reagieren, wie ihre Mimiken sind, was sie erleben“, so Sonny. Andere AutorInnen sind für sie Vorbilder. Ihre Arbeiten dienen als Inspiration für die eigenen Geschichten und bieten Hilfestellungen beim Schreibprozess.

So schön diese Phase der Ideen und Kreativität auch klingen mag, so wird diese auch durch Schreibblockaden unterbrochen. „Sie mögen nervig sein. Sie sind aber auch immer gut, wenn sie mal da sind, weil eine Blockade wie ein Hilferuf ist, da man sich im Schreiben oft verlieren kann“, gesteht Sonny sich ein. Um aus diesem Loch wieder herauszukommen, beschäftigen sich beide Autorinnen mit anderen Dingen. Sonny lenkt sich durch eine Serie ab oder liest ein Buch weiter, während Nikolina sich bewusst an Schreibübungen setzt oder ein Tagebucheintrag verfasst.

Autorin Nikolina mit ihrem Buch Million Dollars between us. (Quelle: Nikolina Drum)

„Die ersten Geschichten […] habe ich tatsächlich auf Facebook veröffentlicht.“

Die Plattformen Tumblr, Facebook und Instagram sind beliebte Seiten, um den ersten Schritt in die Öffentlichkeit zu wagen. Hier fingen auch Nikolina und Sonny an, ihr Talent zum Schreiben auszuprobieren. „Mit 14 habe ich angefangen, die ersten Geschichten zu veröffentlichen, beziehungsweise zu schreiben. Das waren dann Pferderomane. Noch so richtig kitschig aus der Sicht eines Pferdes. Und die habe ich tatsächlich auf Facebook veröffentlicht“, erinnert sich Sonny an damals. Ihr Alltag inspirierte sie, da ihr Pferd einen großen Teil in ihrem Leben einnahm. Für Nikolina war damals die Plattform Tumblr der Ort wo sie anfing, kürzere Geschichten zu schreiben. Themen waren damals hauptsächlich die Mitglieder der britischen Boy-Band One Direction. Es entstanden daraus sogenannte Fan-Fictions.

Doch die kanadische Social-Storytelling-Plattform Wattpad ist am Ende das Medium, auf dem die beiden bis heute regelmäßig ihre Geschichte veröffentlichen und aktualisieren. Wattpad ist auf das Selbstveröffentlichen von Geschichten spezialisiert. Sie kümmern sich um das Copyright und geben den AutorInnen einen Raum, in dem sie mit ihren Lesern kommunizieren können. Die UserInnen sind dort „Testleser, die dein Buch freiwillig lesen und sich die Zeit dafür nehmen. Das ist eigentlich das größte Geschenk, was man haben kann“, erklärt Sonny. Sie können direkt in den Kapitel kommentieren und die AutorInnen erhalten somit schnelles und ehrliches Feedback.

Über die Jahre ist Wattpad gewachsen und arbeitet in diesem Jahr zum ersten Mal mit Verlagen zusammen, die dann speziell Manuskripte von Wattpad als Buch herausbringen. Für Verlage sei dies eine zusätzliche Scouting-Möglichkeit, die auch gleichzeitig Feedback durch die Zielgruppe biete, erklärt Sabine Ley.

Einen ähnlichen Weg wie Nikolina und Sonny ging das prominente Beispiel Anna Todd. Auch sie fing in jungen Jahren an, ihre Fan-Fiction über den Sänger Harry Styles zu schreiben. Ihre Geschichte After passion ist heute ein Bestseller. Der Roman wurde in 36 Sprachen übersetzt und sogar verfilmt. Er spielte fast 70 Millionen US-Dollar weltweit ein. Für viele JungautorInnen ist sie ein Vorbild, besonders für Sonny. „Da habe ich mir in ihr eine Art Inspiration oder Vorbild gesucht, weil sie so ist wie wir. Ich meine, sie hat auch auf Wattpad angefangen und man fühlt sich mit ihr verbunden.“ Sie motivierte Sonny, das auszuleben oder der Leidenschaft nachzugehen, die sie verspürt. 

Eine Geschichte im Internet zu veröffentlichen, ist natürlich eine große Möglichkeit für AutorInnen. Dennoch bleibt der Traum, das eigene Buch in den Händen zu halten. Doch dieser Weg kann steinig sein. Bei einem Verlag oder einer Agentur aufgenommen zu werden, ist eine große Herausforderung. Gerade für Nikolina war der Weg anfangs durch Enttäuschungen geprägt, da sie nur Absagen von Verlagen erhielt. Doch ihr Wille wurde geweckt und sie entschied sich, ihr Buch auf eigenem Weg zu veröffentlichen. Ein Weg, der ganz andere Hürden mit sich bringt. Korrektorat, Lektorat und das Design werden von den AutorInnen selbst übernommen. Andernfalls müssen sie sich auf die Suche nach Unterstützung begeben. Nikolina wusste aber, dass sie einen Leserstamm hat, der ihre Geschichten liest.

Ein Beispiel hieran nimmt sich Sonny, die inmitten dieses Prozesses ist. Sie erklärt, dass ihr Buch definitiv zu viele Seiten habe und ein Verlag sich nicht die Aufgabe mache, das Buch in drei oder vier Teile zu splitten. „Trotzdem möchte ich jetzt im Self-Publishing meine Wattpad Geschichte auf jeden Fall verlegen lassen. Das ist schon in den Startlöchern und wir sehen, was da rauskommt“, meint Sonny weiter.

Interaktive Darstellung unter folgendem Link: https://www.datawrapper.de/_/Lw5Wj/ (Grafik: Nele Mielke)

Bei AutorInnen ist der Wunsch nach einem eigenen Buch im Regal groß. Die langanhaltende Diskussion, ob das E-Book das physische Buch abgelöst hat, beschäftigt auch Nikolina und Sonny. Während Nikolina dem aktuellen Trend der „Vintage Waves“ ein neues Boomen von Büchern nachspricht, sieht Sonny dies kritischer: „Ich denke, es wird in den nächsten Jahren leider sicherlich der Fall sein. Ich sehe das auch nicht negativ, aber ich lese eigentlich immer noch gerne lieber ein richtiges Buch.“ Dies spiegelt sich auch in der Gesellschaft wider. Eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom zeigt, dass die meisten Menschen noch physische Bücher nutzen. Während jedoch der Anteil an Lesern eines E-Books über die Jahre weiter ansteigt.

Für beide Autorinnen ist das Schreiben zu einem wichtigen Teil im Leben geworden. Sonny erzählt abschließend: „Wenn ich gewusst hätte, dass mich das Schreiben so ausgleicht, beziehungsweise einfach alle Leeren und Lücken füllt, ich hätte früher angefangen zu schreiben. Jeder muss einfach wirklich das machen, was er oder sie möchte. Die eigenen Ziele verfolgen. Mein größtes Ziel ist es, auf jeden Fall ein Buch selbst herauszubringen und egal wie lange das dauert: Hauptsache, dass Ziel ist erreicht!“

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