Entstanden war die Idee in der Silvesternacht von 2012 auf 2013 in den Räumlichkeiten des heutigen Laut Klubs im Braunschweiger Norden. Fünf junge DJs mit Liebe zur elektronischen Musik und einer Begeisterung für Kunst und Kultur wollten in Braunschweig einen neuen Ort für die Elektroszene und die Kunst- und Kulturförderung schaffen. Was schon zuvor mit kostenlosen Open Airs und regelmäßigen Auftritten in der Braunschweiger Klublandschaft begonnen hatte, nahm im Dezember 2012 langsam, aber sicher feste Form an. Aus einer Vision wurde Wirklichkeit. So entstand erst der Laut Klub und ein paar Monate später der Kunst und Kultur Verein Braunschweig, kurz KuK-Bs e.V.. Wo früher das Archiv eines Industrieunternehmens war, befindet sich heute ein Ort für Kunstschaffende, Freigeister und Techno-Liebhaber.
In den Vereinsregistern der Amtsgerichte sind bundesweit aktuell etwa 600.000 Vereine registriert, davon sind geschätzt 90.000 Kulturvereine, die neben öffentlichen kommunalen und staatlichen Einrichtungen sowie gewinnorientierten Betrieben der Kultur und Kreativwirtschaft das kulturelle Leben in Deutschland prägen. Diese immense Zahl verdeutlicht, welche Bedeutung Kunst- und Kulturvereine in der Gesellschaft haben.
Die elektronische Musik spielt auch in der Kunst- und Kulturszene eine immer größere Rolle. Bereits in den frühen 1990er Jahren mit der Entstehung der Technokultur bekam das Genre einen bedeutenden Zuwachs an Popularität. In einer deutschlandweiten Umfrage im Jahr 2022 zum Interesse an Techno, House und Dance gaben rund 6,61 Millionen Personen ab 14 Jahren an, elektronische Musik gerne zu hören. Die elektronische Musik erinnert mit ihren rhythmischen, monotonen Sequenzen oder sphärischen Sounds an alte Stammes-Rituale.. Tanz und Ekstase sind ein wichtiger Aspekt der Szene. Wortlos und manchmal melodielos eröffnet die Musik in ihrer Abstraktion verschiedene Deutungsmöglichkeiten.
Der KuK hat seinen Sitz in der Versammlungsstätte und ist eine Sparte des Clubs. In den letzten zehn Jahren hat sich der Verein enorm weiterentwickelt und immer weiter im Nachtleben und in der Kunst- und Kulturszene in Braunschweig etabliert. Im Prinzip steht die Musik und die Förderung von jungen KünstlerInnen immer noch im Vordergrund. Doch neben dem Clubbetrieb beschäftigt sich der Verein ebenso mit vielen anderen gesellschaftlich relevanten Themen, wie Rassismus, Sexismus, Stigmatisierung aber auch politischen Themen. „Damals haben wir das hauptsächlich gemacht, um die elektronische Tanzmusik zu fördern. Heute ist es die Förderung von Kunst und Kultur jeglicher Art. Alles innerhalb der elektronischen, breit gefächerten Musikkultur und darüber hinaus“, erzählt Willi, Mitgründer des Kunst- und Kulturvereins.
Aktuell bestehen der Verein sowie der Club aus rund 46 ehrenamtlichen HelferInnen, knapp 14 MinijobberInnen, 32 Mitgliedern und einem Vorstand – bestehend aus einem Schriftführer, dem Kassenwart und dem ersten Vorsitzenden. Alle Mitglieder des Vereins haben die Möglichkeit, ihre eigenen Ideen und Vorstellungen in den Club einzubringen und am Vereinsgeschehen mitzuwirken. Dazu gehören die verschiedenen Veranstaltungsreihen an den Wochenenden. Auch die Gestaltung, Sanierungen oder der Ausbau der Räumlichkeiten werden überwiegend durch Eigenleistung der Mitglieder und freiwilligen Helfer vollbracht. „Es gibt viele Menschen, für die diese Art des Schaffens und Seins ihr Leben bedeutet und ihnen einen Experimentierraum bietet, um überhaupt erstmal herauszufinden, was ihnen liegt“, erzählt Hannah, Mitglied des Laut Klub. „Hier werden Gefühle verarbeitet, aber vor allem zusammen gefeiert, kreiert und gedacht.“
Durch den Clubbetrieb ist es dem Verein möglich, seiner eigenen Philosophie nachzugehen und sich überwiegend durch die eigenen Einnahmen selbst zu finanzieren. Als Kunst- und Kulturverein darf der Club jedoch keinen eigenen Gewinn durch das Nachtleben erzielen. Alle Einnahmen fließen daher in die Entwicklung des Laut und die Förderung von jungen KünstlerInnen.
Der Verein hat in den letzten Jahren seine Netzwerkarbeit immer mehr ausgeweitet, so kamen Kooperationen mit den städtischen Instituten wie dem Staatstheater oder der Hochschule für bildende Künste (HBK) Braunschweig zustande. Das Staatstheater Braunschweig nutzt die Räumlichkeiten des Vereins für Theateraufführungen, die Hochschule für Kunstausstellungen.
„Im Vordergrund steht hier vor allem die Subkultur zu fördern und in das gesellschaftliche Bild zu integrieren“, sagt Michael Ehrke, zuständig für die Kunst und Kultursparte im Kunst- und Kulturverein.
In Braunschweig gibt es für Kunstschaffende einen extremen Mangel an Ateliers. Nach einer Evaluierung der Stadt Braunschweig unter Studierenden in Kooperation mit der HBK kam heraus, dass 56 Prozent der Befragten sich kein Atelier leisten können und 15 Prozent Probleme haben, geeignete Atelierräume in Braunschweig zu finden, weswegen viele Studierende die Stadt nach dem Studium verlassen. Auch da setzt das Laut gemeinsam mit der Stadt Braunschweig an. Das Projekt Creative Boxes soll in diesem Jahr starten und alte Räumlichkeiten in neue Ateliers verwandeln für die Entwicklung von Kunst und Kultur. So sollen Kunstschaffende in Braunschweig gehalten werden.
Neben dem Clubbetrieb bietet der Verein regelmäßig unter der Woche einen Tanzkurs sowie Yoga- und Meditationsunterricht, DJ-Workshops oder Kleidertauschpartys an. Immer wieder gibt es verschiedene Diskussionsrunden zu relevanten Themen, Ausstellungen oder Lesungen. Auch Veranstaltungen wie Poesie-Abende sind immer häufiger vertreten. Egal ob Mitglied oder nicht, jeder hat die Möglichkeit, an den Veranstaltungen teilzunehmen und seine Kunst mit einzubringen und frei darzustellen.
Der Laut Klub und der KuK sind im Prinzip ein und dasselbe. Während an den Wochenenden gefeiert und getanzt wird, stehen die Räumlichkeiten unter der Woche für Kunstschaffende zur Verfügung. Durch die besondere Kombination aus einem Nachtclub und dem Verein ist es gelungen, Nachtleben und Kunst an einem Ort stattfinden zu lassen. Das Laut ist mittlerweile nicht nur in der Technoszene, sondern auch im Kunst- und Kulturbereich ein bedeutender Teil der Stadt Braunschweig geworden und ist für viele Leute kaum noch wegzudenken. „Wenn es bunt, schön und beruhigend ist, geht das auf die Leute über: Dann sind die auch bunt, schön und beruhigend“, meint Felix, Mitgründer des Laut Klubs.Die Zitate stammen von dem Instagram Account @lautklub. Sie sind Inhalt eines Buches, das zum 10-jährigen Jubiläum veröffentlicht wurde.