Der Markt für Produkte aus fairer und artgerechter Haltung wächst – viele Verbraucher wünschen sich bessere Haltungsbedingungen. Die Tierschutzbewegung ist wohl derzeit eine der größten ideologischen Bewegungen.
Um dem Verbraucher schnell und einfach zu zeigen, welche Produkte aus artgerechter Haltung kommen, wurden Tierschutzsiegel ins Leben gerufen. Diese sollen Auskunft über die Haltungsart sowie Lebens- und Schlachtumstände der einzelnen Tiere geben. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe an Labeln, Siegeln und Zertifizierungen. Doch diese vermitteln häufig nur ein Bild fern ab der Realität und fungieren eher als strategische PR vieler Unternehmen. Denn der derzeitige gesetzliche Mindeststandart im Tierschutz hat wenig mit artgerechter Tierhaltung gemeinsam. Laut der Tierschutznutztierverordnung steht einem 100 Kilo schweren Mastschwein noch nicht einmal ein Quadratmeter Bodenfläche zur Verfügung. Bis zu 26 Masthühner dürfen sich dagegen etwa einen Quadratmeter Stallfläche teilen. Zudem erlaubt die Verordnung die Anbindehaltung von Kühen.
Ein Siegel für mehr Tierwohl?
Viele der Tierschutzlabels bringen keine deutlichen Verbesserungen der Bedingungen. So gibt es beispielsweise bei dem weit verbreiteten vierstufigen Label-Haltungsform erst bei Stufe vier von vier die Vorschrift, dass die Tiere teilweise draußen gehalten werden müssen. Innerhalb der Stufen eins bis drei werden nur geringfügige Platzzugeständnisse und Lichteinfälle geregelt. Mit Tierschutz oder artgerechter Haltung haben diese kaum merkbaren Verbesserungen nur wenig zu tun, auch, wenn ein Schritt in die richtige Richtung gegangen wird.
Ferner ist die Kennzeichnung des Siegels Für Mehr Tierschutz eher irreführend. Bei dem Namen des Labels sollte man meinen, die Tiere würden aus einer besonders guten Haltungsform kommen. Bei diesem Siegel ist die Haltungsart durch zwei Sterne auf dem Produkt abgebildet. Je nach erfüllten Anforderungen sind entweder einer (Einstiegsstufe) oder beide Sterne (Premiumstufe) farblich ausgefüllt. Jedoch schreibt sogar die Verbraucherzentrale: „Die Einstiegsstufe beinhaltet deutlich mehr Tierschutz als der gesetzliche Mindeststandard, aber noch kein sehr hohes Tierschutzniveau“. Deutliche Verbesserungen sind bei diesem Siegel erst bei der Premiumstufe zu finden.
Selbst Biosiegel unterscheiden sich zum Teil stark. So kann man bei Bioland, Naturland und Demeter von Premium-Biolabeln sprechen, da sie striktere Auflagen als herkömmliche Siegel in den Punkten Umwelt und Tierwohl haben. Die EU-Öko-Verordnung hingegen ist weniger weitreichend, da sie sich auf die gesetzlichen Biomindeststandards in ihrem Wirkungsgebiet bezieht. Dennoch sind Bioprodukte in vielen Fällen die beste Wahl, weil sie, im Hinblick auf andere Siegel, am meisten Tierschutz versprechen.
Als Verbraucher muss man sich selbstständig informieren, welche Siegel wirklich zu mehr Tierschutz beitragen und welche nicht. Denn so gut die Idee der Kennzeichnung auch sein mag, nutzen sie dennoch einige Unternehmen aus, indem sie dem Verbraucher Bilder von glücklichen Tieren suggerieren und damit zum Kauf locken. Die Label sind zwar ein Fortschritt, aber ausreichend sind sie noch lange nicht.