Ein einmaliger Blick hinter die Braunschweiger Orchesterkulissen

Orchester sind komplex, klar strukturiert und verfügen über eine bestimmte Hierarchie – sie sind den Teamsportarten damit also gar nicht so unähnlich. Ein Blick hinter die Kulissen des Braunschweiger Staatsorchesters, deren Zusammenhalt und MusikerInnen-Klischees.

Orchester existieren erst seit dem 16. Jahrhundert. Einst waren sie nur dem Adel und den Klerikern vorbehalten und dienten ihrer Unterhaltung. Heutzutage ist das Orchester kein Privileg mehr, sondern für jedermann zugänglich. Im Zeitalter des Barocks war es üblich, dass begabte Laien die MusikerInnen unterstützten. Dies ist heute kaum vorstellbar, denn LaienmusikerInnen haben selten noch eine Chance in renommierten Orchestern mitzuspielen. Der Beruf der OrchestermusikerInnen erfordert höchste Qualifikationen.
Ein Vorurteil zu OrchestermusikerInnen ist der Zweifel an einem benötigten Studium. Allerdings wird dieser Beruf an Universitäten und Musikhochschulen studiert. Die Regelstudienzeit für den Bachelorstudiengang beträgt drei bis vier und die, für das Masterstudium weitere ein bis zwei Jahre. Um einen Studienplatz belegen zu dürfen muss man sich anspruchsvollen Aufnahmeprüfungen stellen. In einem Haupt- und einem Nebeninstrument sowie in Musiktheorie, Gehörbildung und Musikgeschichte müssen die Prüflinge ihr Können unter Beweis stellen. Nach dem abgeschlossenen Studium können erfolgreiche AbsolventInnen beispielsweise Tätigkeiten in Orchestern, Tonstudios und Musikschulen beginnen.

MusikerInnen-Klischees

In der Musikerwelt wird häufig behauptet, dass die Charakterzüge der MusikerInnen sich in ihrer Instrumentenwahl und Position im Orchester widerspiegeln. Im folgenden Interview berichten vier Musiker des Braunschweiger Staatsorchesters über diese Klischees.

Das Staatstheater Braunschweig präsentiert ein vielfältiges Programm, denn es bietet die fünf Sparten Musiktheater, Schauspiel, Tanztheater, JUNGES! Staatstheater und Staatsorchester an. Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Lüneburg eröffnete es 1960, somit zählt es zu den ältesten Theaterhäusern im deutschsprachigem Raum. Die Aufführungen finden meistens in den drei hauseigenen Spielstätten: dem großen Haus, kleinen Haus und dem Aquarium statt.

Wie funktioniert eigentlich ein Orchester?

Das Staatstheater Braunschweig. (Zeichnung: Anja Münch)

Wie in Teamsportarten, so ist auch in Orchestern das Zusammenspiel der Mitglieder entscheidend. Für den Erfolg ist nicht das einzelne Individuum, sondern in bestimmter Weise eine strukturierte Gruppe verantwortlich. Im Orchester werden die Instrumente in verschiedene Gruppen zusammengefasst. Dazu zählen Streich-, Blech- Holzblas- und Schlaginstrumente sowie weitere Instrumente wie Harfe und Klavier. In diesen Gruppen herrscht, so wie im Sport auch, eine „Spielformation“, in welcher die Aufgaben klar verteilt sind. Die einzelnen MusikerInnen sitzen in Stimmgruppen geordnet an einem festen Platz. Der „musische Homerun“ besteht darin, im Konzert gemeinsame Höchstleistungen zu erbringen und das Stück zum Leben zu erwecken.
Das Wort Konzert leitet sich aus dem lateinischen Verb „concertare“ ab und bedeutet übersetzt so viel wie „wetteifern“, aber auch „mit jemandem zusammenwirken“. Dieses Wort beschreibt treffend das Innenleben eines Orchesters. So erklären die OrchestermusikerInnen, dass jedes Mitglied als Teil eines Teams seinen Beitrag leisten müsse, damit das System Orchester funktionieren könne.

Das Staatsorchester Braunschweig wurde 1587 von Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel gegründet und ist seitdem international bekannt. So arbeitetenhier schon Berühmtheiten wie Louis Spohr, Felix Mendelssohn Bartholdy, Franz Liszt und Richard Strauss. Im Laufe der Zeit entwickelte es sich zu einem modernen Opern- und Sinfonieorchester. Zur klassischen Musik wurde durch die Erweiterung des Genres neue Musik und Filmmusik neue Zielgruppen angesprochen.

Orchesteraufstellung: Von der ersten Geige bis zum Schlagwerk

Die Orchesteraufstellung. (Darstellung: Anja Münch)

Je nach Besetzung werden Orchester beispielsweise in Sinfonie-, Kammer-, oder auch Blas-und Blechblasorchester unterschieden. Das Staatsorchester Braunschweig gehört zu den Sinfonieorchestern und ist wie folgt aufgebaut: Der Dirigent befindet sich mittig, für jedes Orchestermitglied gut sichtbar, mit dem Rücken zum Publikum, auf einem Podest. Die Streichinstrumente sind am nächsten zum Dirigenten angeordnet. Die ersten Geigen (Violinen) sitzen in der ersten Reihe links vom Dirigenten. Der Konzertführer, sozusagen der Stimmführer der ersten Geigen, befindet sich hier am ersten Notenpult links. Rechts davon befinden sich jeweils in den Gruppen angeordnet die zweiten Geigen, Celli (Violoncello) und ganz rechts die Bratschen. Der Kontrabass, das größte Streichinstrument im Orchester, befindet sich schräg dahinter. Der Platz wird nicht nach der Relevanz der einzelnen Instrumentengruppen, sondern nach der jeweiligen Lautstärke vergeben. Dies erklärt, dass sich hinter den Streichern die Holz- und Blechbläser befinden. Schlagwerk und Pauken bilden den Abschluss, da sie die lautstärkste Instrumentengruppe sind. Durch einen Wechsel der Platzierung würde sich die Klangwirkung verändern.

In den folgenden Interviews geben vier Musiker des Staatsorchesters Braunschweigs Einblicke in ihre Aufgaben im Orchester.

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