Der Preis für ein Hühnerei ist seit Beginn des Jahres um bis zu zwölf Prozent gestiegen. Neben Eiern müssen VerbraucherInnen auch bei Sprit, Heizöl, Kartoffeln, Tomaten und Salat tiefer in die Tasche greifen. Doch warum sind besonders landwirtschaftliche Erzeugnisse jetzt teurer?
Der Hauptgrund ist die steigende Inflationsrate, die im November 2021 bei rund fünf Prozent lag. Dadurch sind die Preise landwirtschaftlicher Produkte wie Getreide, Weizen, Mais, Hafer und Roggen im September höher als im Vorjahr. Mit gestiegenen Futterkosten für die Hennen steigt auch der Eierpreis. Laut Verbraucherpreisindex ist dieser seit 2015 bereits um ein Drittel gestiegen.
Unter den steigenden Erzeugerkosten und dem damit einhergehenden Preisdruck im Lebensmitteleinzelhandel (LEH leiden vor allem die Hühner, die nun noch mehr leisten müssen. Doch es geht auch anders: Jan und Katharina Wellner vom Jerstedter Wiesenei aus Goslar haben sich vor rund drei Jahren bewusst dazu entschieden, nicht an die großen Discounter und Supermärkte zu verkaufen. Sie vertreiben täglich rund 750 Eier an KundInnen direkt aus der Region – per Vertrauenskasse und zur Selbstentnahme. Für 35 Cent bekommt man hier ein Ei.
Fast 13 Milliarden Eier produzieren deutsche Legehennen laut Statistischem Bundesamt jedes Jahr. Und damit ist der Pro-Kopf-Bedarf von 239 Eiern noch lange nicht gedeckt. Weitere sechs Milliarden Eier werden jährlich zugekauft – ein Großteil davon kommt aus den Niederlanden. Fast die Hälfte aller produzierten Eier werden von nur 17 Millionen Hennen in Niedersachsen produziert. Rund 1.000 davon leben auf dem Hof des Jerstedter Wiesenei in der Region 38. Im Gegensatz zu den meisten Legehennen haben sie die freie Wahl, ob sie ihren Tag lieber draußen oder drinnen verbringen möchten. Jan und Katharina versuchen die Hennen so lange wie möglich zu halten. Erst nach 15 bis 18 Monaten werden sie zum Suppenhuhn.
Güteklassen und Haltungsformen für Legehennen
Seit Einführung der Güteklassen in der Frischvermarktung kaufen viele VerbraucherInnen Eier bewusst nach Haltungsformen. Das Interesse, wie es den Tieren der konsumierten Lebensmittel geht, wird größer. Nachhaltigkeit spielt für Konsumierende eine wichtigere Rolle als noch vor einigen Jahren. Davon profitieren auch regionale HändlerInnen – vor allem jetzt, wo sie mit den Supermarkt-Preisen mithalten können.
Nach der EU-Vermarktungsnorm muss die Haltung auf dem Ei gekennzeichnet sein. Üblich ist dafür der sogenannte Erzeugercode. Die erste Zahl gibt Auskunft über die Haltungsform, die Buchstaben über das Erzeugerland und der Zahlencode am Ende über den Legebetrieb und Stall. Diese kann über Websites wie was-steht-auf-dem-ei.de abgefragt werden. Die Kennzeichnungspflicht gilt jedoch nicht für Eier, die direkt an der Erzeugerstelle gekauft werden, wie bei Eiermobilen oder Hofläden. Die Kennzeichnungspflicht bezieht sich nur auf frische, rohe Eier.
Jan Wellner erklärt: „Es ist ja ganz logisch, dass sich die Leute Gedanken um Alternativen machen, wenn sie sich über zu hohe Preise im Supermarkt ärgern. Ich denke aber auch, dass in unserem Fall sich die Kunden einfach freuen, dass sie sich am Sonntag mit ihren Enkelkindern die Hühner ansehen und dann eben die Eier kaufen.“ Dass speziell das Jerstedter Wiesenei aktuell von den erhöhten Preisen profitiert, glaubt er nicht. Es sind nicht nur die gestiegenen Preise, die VerbraucherInnen zum Kauf regionaler und nachhaltiger Alternativen von Hühnereiern bewegen. „Unsere Kunden kommen fast alle aus der Region. Sie wissen, dass es unseren Hühnern gut geht. Sie können herkommen, um sich die Hennen in ihrem Lebensraum anzusehen – Ich denke das ist schon etwas Besonderes“, erzählt Katharina Wellner.
Alternativen zum Hühnerei
Der Verkauf von Eiern aus ökologischem Anbau ist im letzten Jahr um rund acht Prozent gestiegen. Doch während der Endverbraucher beim Kauf von frischen Eiern immer häufiger zum Bio-Ei greift, sieht das bei verarbeiteten Lebensmitteln ganz anders aus. Laut Verbraucherzentrale wird rund die Hälfte der konsumierten Eier in Form von Teigwaren, Mayonnaise, Pasta & Co. gegessen. Eine Kennzeichnungspflicht, aus welcher Haltung die Eier darin stammen, gibt es bisher nicht. Versuche eine Haltungs- und Herkunftskennzeichnung für verarbeitete eihaltige Lebensmittel auf politischer Ebene einzuführen, scheiterten. Unternehmen können ihre Produkte jedoch freiwillig kennzeichnen. Bisher haben das jedoch nicht viele umgesetzt. Lediglich bei gefärbten Eiern und Pasta ist ein solcher Hinweis häufiger zu finden. Die Verbraucherzentrale fordert daher eine EU-einheitliche Kennzeichnungsvorschrift. Sollte diese nicht durchzusetzen sein, müsse es zeitnah eine nationale Regelung geben.
Was in Deutschland Trend ist, sieht in vielen Ländern jedoch anders aus. Käfighaltung ist in vielen Ländern außerhalb der EU, wie beispielsweise der Ukraine, nicht verboten. Hier leben noch immer Millionen von Hennen in Legebatterien gepfercht unter den schlimmsten Lebensbedingungen. Die Todesrate ist enorm und auch überlebenden Hennen kann man nur wünschen, dass sie es bald hinter sich haben.
Mit weiterhin steigenden Preisen und wachsendem Interesse am Wohl der Tiere werden in Deutschland nun auch Alternativen zum Hühnerei beliebter. Neben Wachteleiern sind auch Straußeneier zum Verzehr geeignet, jedoch weniger leicht zu bekommen. In einigen Supermärkten und Bio-Läden gibt es ein veganes Pulver, das aus einer Mischung von Lupinenmehl, Tapioka-Stärke, Kartoffel- oder Maisstärke besteht und mit etwas Wasser vermengt wird. Alternative Bindemittel für das Backen können auch Bananen, Nuss- und Apfelmus, Haferflocken, Chia- oder Leinsamen sein. Als Ersatz für Eischnee eignet sich Kichererbsenwasser, sogenanntes Aquafaba.
Die Alternativen zum Hühnerei aus dem Lebensmitteleinzelhandel sind vielfältig und erfreuen sich größer werdender Beliebtheit. Mit Blick auf die wachsende Inflationsrate werden die Preise auch in diesem Jahr weiter steigen. Ob die Nachfrage nach regionalen Alternativen mithalten kann, bleibt abzuwarten.