Schnelle Rhythmen bringen meine Beine zum Tanzen. Satte Bässe verbreiten in mir ein wohlig warmes Gefühl. Überall, wo ich hinsehe, entdecke ich bunte Lichter und lachende Münder. Ein Gefühl von unstillbarer Tanzlust macht sich in mir breit und ich wünschte mir, dieser Abend würde niemals enden. So viele neue Gesichter, unfassbar anregende Gespräche mit (noch) unbekannten Leuten. Die Energie, die sich an diesem Abend ausbreitete, hat die unterschiedlichsten Menschen, aus unterschiedlichsten Kreisen, zusammenkommen lassen.
Der Funke von Neugierde und Wohlfühlen, der an diesem Abend auf mich übergesprungen ist, hat in mir das Verlangen geweckt: „Bei der nächsten Veranstaltung muss ich unbedingt wieder dabei sein!“
Als ich vor drei Jahren nach Braunschweig gezogen bin, habe ich lange nach einer Partykultur gesucht, in der ich mich zu 100 Prozent wohlfühle. An der Meile wird dir als Frau oft anzüglich hinterhergerufen oder man wird im Club ungefragt betatscht. Die Techno-Klubs bieten zwar ein angenehmes und friedvolleres Klima, allerdings habe ich nicht immer Lust, zu scheppernden Techno-Beats die ganze Nacht durchzustampfen.
Wo kann ich in Braunschweig also feiern gehen und auch mal meinen Booty shaken (also den Popo wackeln), ohne blöd angequatscht zu werden und trotzdem neue Leute kennenlernen und anregende Gespräche führen?
Angefangen bei einer Gartenverein-Hausparty, über den BRAIN-Klub bis hin zum KUFA-Haus oder das Organic Beats Festival in Braunschweig. Das Kollektiv Von Seite hat bereits so einige Veranstaltungen hinter sich und ist langsam dabei, sich in der Braunschweiger Musik- und Kulturszene einen Namen zu machen.
Seit mittlerweile über einem Jahr gibt es das junge KünstlerInnen-Kollektiv, welches KünstlerInnen aus Braunschweig und seiner Umgebung eine Bühne bietet und dabei gleichzeitig Kunst- und Musikbegeisterten die Möglichkeit geben möchte, sich untereinander zu connecten.
Durch einen kleinen Zufall bin ich letztes Jahr auf einer der ersten Von Seite-Partys gelandet und begleite das Kollektiv seitdem so oft ich kann. Ihre Veranstaltungen markiere ich mir dick und fett im Kalender. Denn die Veranstaltungen des Kollektivs werden nicht nur zu der Musik der Kollektiv-eigenen Rapper Minh und Mancoon gefeiert, es wird auch zu House-Musik, Dancehall oder Amapiano Beats getanzt, bis die Sonne aufgeht. Je später der Abend, desto schneller und aufregender kann die Musik werden. Für jeden Musikgeschmack ist hier etwas dabei, da Von Seite nicht nur die großen Mainstream-Genres abdeckt, sondern auch musikalisch für Diversität steht. Die Mitglieder geben alles, um mit ihrer Leidenschaft nach Spaß und Beisammensein die Braunschweiger Kultur-und Partyszene aufblühen zu lassen.
Egal, welches Alter, welche Hautfarbe oder welches Geschlecht – Von Seite nimmt jeden mit ihrer Vision von gegenseitigem Support und Verlässlichkeit mit. Damit jede Form der Kreativität den Raum erhält, den sie verdient. Mit diesem geschaffenen Raum sollen sich vor allem Menschen, die das Gefühl haben, sich verändern zu müssen, um akzeptiert und wahrgenommen zu werden, wohlfühlen.
Die Message des 12-köpfigen gemeinnützigen Vereins ist somit klar: „Bei uns ist jeder willkommen und dafür stehen wir auch mit unserem Namen „Von Seite – We Connect“, das ist unser Hauptmerkmal.“ Dies verrät mir die 30-jährige Shushu, die im Verein für den Posten der Innen- und Außenkommunikation zuständig ist und sich selbst als „Mama für alles“ be- schreibt.
Als gemeinnütziger Verein verfolgt die Crew, im Vergleich zum regulären Klubbetrieb in Braunschweig, nicht das Ziel des Profits. Keiner von ihnen verdient sich über die Veranstaltungen was dazu – ganz im Gegenteil. Es kostet sie oft sehr viel Zeit und Energie, neben ihrem Studi- oder Arbeitsleben, so eine Party auf die Beine zu stellen. „Was wir verdienen, sind am Ende des Tages lächelnde Menschen, die Spaß haben und die Musik und den Vibe, den wir ausstrahlen, aufnehmen und weiterverbreiten“, erzählt Shushu, während sich ihre Mundwinkel selbst zu einem warmen Lächeln hochziehen. Und trotzdem sieht sich das Von Seite-Team nicht als Konkurrenz zum Nachtleben der Braunschweiger Klub-Kultur. Zwar habe Von Seite auch anfangs Erfahrungen in Klubs wie dem Lindbergh Palace oder dem Brain gesammelt, jedoch dann beschlossen, dass sie lieber ihrem Wohnzimmer-Vibe treu bleiben möchten, statt Klubs zu füllen. Sie möchten zum Chillen und Connecten verführen, wo man parallel auch eine Tanzpause einlegen kann.
„Wir sehen uns weder als Konkurrenz noch als Subkultur der Braunschweiger Partyszene – wir möchten einfach eine Nische bilden, die unabhängig von allem ist. Ein Space, in dem sich jede*r willkommen fühlt.“ Das ist ein starkes Statement der jungen und dynamischen Veranstaltungs-Gruppe, welches so langsam auch seine Runde unter den Braunschweiger Locals dreht. Mittlerweile werden auch lokale KünstlerInnen aus Braunschweig und der näheren Umgebung eingeladen und geben Live-Performances zu ihrem Besten. Den Performenden dabei das Gefühl zu geben: „das, was du machst, ist geil, mach weiter so“, ist Shushu und ihren Fellows besonders wichtig. Hierbei wird nicht nur ein Platz für Musik kreiert – jegliche Form von Kreativität, sei es im Bereich Film, Design oder Kunst, kann sich bei Von Seite ausprobieren, wachsen und feiern lassen. Und das wird am Ende mit gegenseitigem Vertrauen bestärkt. Mit dem Wunsch nach mehr Offenheit und mehr Diversität in Kunst und Kultur, ist Von Seite dabei, ihren Events immer mehr Gehör zu verschaffen und stetig neue Menschen zu erreichen. Hast du erst einmal dieses Familiengefühl erfahren, fällt es sehr schwer sich von ihren Veranstaltungen fernzuhalten. Halte deine Augen und Ohren diesen Sommer besonders weit offen. Die Jungs und Mädels haben noch so einige Asse im Ärmel und werden dich garantiert mitreißen, wenn du ihnen die Chance dafür gibst. Vertrau mir – es wird sich lohnen!