Der Moment, in dem das Abschlusszeugnis in den Händen liegt, ist für viele mit Stolz erfüllt. Doch oft mischen sich darunter auch Unsicherheit und Angst. Während einige bereits konkrete Pläne für Studium oder Ausbildung haben, fühlen sich andere orientierungslos und wissen noch nicht, welchen Weg sie einschlagen sollen. Die Möglichkeiten nach dem Abitur scheinen grenzenlos: Manche folgen einem klaren, traditionellen Pfad, andere suchen nach mehr Freiraum für persönliche Entwicklung und Abenteuer. Beide Wege bringen eigene Herausforderungen und Chancen mit sich.

Den ehemaligen SchülerInnen stehen nach ihrer Schulzeit viele Möglichkeiten offen. Die drei verbreitetsten Optionen sind dabei ein Studium, eine Ausbildung oder ein duales Studium. Einige entscheiden sich auch für einen Freiwilligendienst oder nutzen die Gelegenheit, ein Jahr im Ausland zu verbringen.
Unterstützung bei der Berufs- und Studienwahl
Während der Oberstufe, die in Niedersachsen mit der 12. Klasse beginnt, wissen nur wenige SchülerInnen, welchen Weg sie nach der Schule einschlagen wollen. Berufsberater Siegfried Walther schätzt, dass während der Oberstufe nur circa 20 Prozent wissen, was sie nach dem Abitur machen wollen. Bis zum Erwerb des Abiturs erhöht sich diese Zahl auf rund 80 Prozent.
Eine Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung aus dem Jahr 2018 ergab, dass sich ein halbes Jahr vor dem Schulabschluss 17 Prozent der AbiturientInnen unsicher über ihre Bildungspläne nach dem Abitur sind.
Für viele SchülerInnen ist nach Erwerb der Hochschulreife das Studium oder die Ausbildung der nächste logische Schritt. Der Weg scheint klar: eine gute Ausbildung, ein sicherer Beruf und eine stabile Zukunft. Doch auch dieser Weg birgt Herausforderungen. Viele benötigen Unterstützung bei der Wahl eines geeigneten Studiengangs oder bei der Suche nach einem passenden Ausbildungsplatz. Umso wichtiger ist eine frühzeitige und umfassende Berufs- und Studienberatung, die jungen Menschen Orientierungshilfen bietet und ihnen hilft, fundierte Entscheidungen für ihre Zukunft zu treffen. Die Jugendberufsagentur Salzgitter widmet sich genau diesem Anliegen. Berufs- und Studienberater Siegfried Walther arbeitet seit vielen Jahren für die Agentur und begleitet AbiturientInnen in dieser entscheidenden Phase. Jährlich betreut er etwa 1.300 Jugendliche mit verschiedensten Anliegen. Er hilft ihnen bereits vor und während des Abiturs, ihre beruflichen Möglichkeiten zu erkunden und den für sie passenden Weg zu finden. Er steht beratend zur Seite, wenn sie noch unsicher sind, welchen Weg sie nach dem Abschluss einschlagen sollen oder wie sie ihre Träume und Vorstellungen in die Tat umsetzen können. In Einzelgesprächen zeigt Siegfried Walther SchülerInnen Studien- und Berufsangebote, die ihren Stärken und Interessen entsprechen. Zudem versucht er, ihre Wünsche realistisch einzuschätzen. Gemeinsam werden verschiedene Studienmöglichkeiten sowie alternative Optionen gesichtet und bewertet.
Für diejenigen, die noch keine konkreten Vorstellungen davon haben, welchen Weg sie nach dem Abschluss einschlagen möchten, gibt es verschiedene Angebote der Jugendberufsagentur. Dazu gehören freiwillige Praktika, Berufswahltests wie „Check-U“ oder Studierfähigkeitstests wie der „‚Studienfeldbezogene Beratungstest (SFBT)“. Zudem werden auch Möglichkeiten wie ein Freiwilligendienst, Au-Pair und Work and Travel angeboten.
Studium oder Ausbildung? Zwei bewährte Wege
Das Studium ist nach wie vor eine der beliebtesten Optionen. Es bietet die Gelegenheit, sich intensiv mit einem Fachgebiet auseinanderzusetzen, persönliche Interessen zu vertiefen und berufliche Perspektiven zu erschließen. Der akademische Weg umfasst vielfältige Möglichkeiten – sei es ein klassisches Universitätsstudium, ein praxisnahes duales Studium oder ein flexibles Fernstudium. Ein Studium eignet sich besonders für diejenigen, die gerne theoretisch und analytisch arbeiten.
Auch eine Ausbildung bleibt für viele attraktiv – vor allem für jene, die gerne praktisch arbeiten und frühzeitig eigenes Geld verdienen möchten. Sie bereitet gezielt auf einen bestimmten Beruf vor und vermittelt wertvolle praktische Erfahrungen. Für viele stellt sie eine sinnvolle Alternative dar, da sie eine direkte berufliche Perspektive bietet. In vielen Fällen kann ein Studium zu einem späteren Zeitpunkt ergänzt werden.
Alternativer Weg: Freiwilligendienst
Filippa Plett hat 2024 ihr Abitur absolviert und stand ebenfalls vor der großen Frage: Wie soll es jetzt weitergehen? Der Übergang von der Schule ins Leben danach brachte für sie zunächst viele Ängste und Unsicherheiten mit sich.
Wie Filippa geht es vielen jungen Menschen, die nach dem Schulabschluss vor einer wegweisenden Entscheidung stehen. Trotz Beratungsangeboten und Gesprächen mit Familie oder Freunden bleibt die Unsicherheit bestehen. Für viele ist es schwierig, sich zwischen Studium, Ausbildung oder einer anderen Möglichkeit zu entscheiden. Ein Freiwilliges Soziales Jahr kann eine wertvolle Gelegenheit sein, um sich beruflich zu orientieren, neue Erfahrungen zu sammeln und sich persönlich weiterzuentwickeln.
Schon in der Oberstufe machte sich bei Flippa diese Unsicherheit bemerkbar. Sie erzählt, dass sie sich während ihrer zwei Jahre Oberstufe sehr unvorbereitet und ängstlich bezüglich ihrer Zukunft gefühlt hat, weil „es im Unterricht immer nur darum ging, den Stoff durchzukriegen“. Dieses daraus resultierende Gefühl der Orientierungslosigkeit machte ihr zu schaffen, und sie hatte das Gefühl, von der Schule mit der Zukunftsplanung allein gelassen zu werden. Auch in ihrem Freundeskreis nahm sie ähnliche Unsicherheiten wahr. Je näher das Abitur rückte, desto nervöser wurde sie. Zwar war für sie klar, dass sie studieren wollte, doch weder das konkrete Studienfach noch eine bestimmte Studienrichtung stand für sie fest. Letztendlich halfen ihre Eltern ihr aus der Ratlosigkeit heraus und unterstützten sie in dieser herausfordernden Phase.
Ein entscheidender Impuls kam dann aus ihrem Bekanntenkreis, in dem bereits einige ein ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvierten und sie darauf aufmerksam machten. Da sie zu diesem Zeitpunkt, außer der Notlösung des Studiums, noch keinen klaren Plan für ihre Zukunft hatte, erschien ihr ein Freiwilligendienst als eine sinnvolle Lösung. Besonders im Hinblick auf ihre spätere akademische Laufbahn und ihr politisches Interesse sah sie darin eine ideale Gelegenheit, erste praktische Erfahrungen zu sammeln.
Im April 2024, nur wenige Monate vor ihrem Abitur, erhielt Filippa schließlich die Zusage für das Freiwillige Soziale Jahr, auf das sie sich beworben hatte – ein Schritt, der ihr neue Perspektiven eröffnete. Mittlerweile absolviert sie ihren Freiwilligendienst bei der Konrad-Adenauer-Stiftung in Hannover für politische Bildungsarbeit, die der CDU nahesteht. Filippa erhofft sich davon ein abwechslungsreiches Jahr und auch eine Pause vom Schulalltag und dem zukünftigen Studium. Sie hofft, in diesem Jahr herauszufinden, was sie im Leben wirklich machen möchte und welches Studium ihren Interessen entspricht.
„Das FSJ zeigt mir andere Facetten. Ob Dienstreisen, Veranstaltungen oder der Alltag im Büro – es ist etwas ganz anderes als das, was ich die letzten 13 Jahre täglich gemacht habe. Aber es lehrt mich auch, dass es manchmal Dinge gibt, die man gerne meiden möchte, sie aber dennoch ausführen muss. Das hilft mir in manchen Situationen über mich hinauszuwachsen und es dennoch zu tun.“ |
Filippa nutzt die noch wenig verbreitete Möglichkeit eines freiwilligen sozialen Jahres, um sich selbst besser kennenzulernen und herauszufinden, was sie wirklich machen will und gegebenenfalls auch abseits der klassischen Bildungswege. Viele junge Menschen betrachten nach der Schule hauptsächlich die traditionellen Optionen: ein reguläres Studium, ein duales Studium oder eine Ausbildung. Doch es gibt auch diejenigen, die sich bewusst gegen diese klassischen Wege entscheiden.
Berlin, New York, Milano, Paris
Sena Nazar Yildiz hat 2022 ihr Abitur in Salzgitter absolviert und einen besonderen Weg eingeschlagen – fernab des Mainstreams. Nach der Schule träumen viele davon, die Welt zu sehen. Sena hat nach dem Abitur die Chance genutzt. Sie hat sich dazu entschieden, ihren Traum zu leben und als Flugbegleiterin die Welt zu entdecken.
Eine solche Entscheidung erfordert auch viel Mut. Sena ist mit 20 Jahren in ein neues Land mit einer anderen Kultur und Mentalität gezogen. Dort musste sie sich erstmal an das neue Leben anpassen, um ihrem Traum näher zu kommen.



Als Flugbegleiterin hatte Sena die Möglichkeit, Reiseziele zu sehen, von denen andere nur träumen. Von London bis zu den Seychellen hat Sena schon Vieles gesehen. Aber hinter dem Job steckt mehr, als nur das Reisen und Urlaub machen.



Trotz der Herausforderungen ist das Jahr, in dem Sena als Flugbegleiterin gearbeitet hat, eine Erfahrung, die sie nicht missen möchte. Besonders nach dem Abitur hat das Jahr ihr geholfen, sich selbst besser kennenzulernen und herauszufinden, wohin sie beruflich und persönlich wirklich will
Vom Hobby zum Beruf

Doch um seine Träume nach dem Abitur zu verwirklichen, braucht es nicht unbedingt den Schritt ins Ausland. Louis und Yannik entschieden sich nach der Schule, ihre Leidenschaft für die Musik zum Mittelpunkt ihres Lebens zu machen. Statt des traditionellen Weges, widmeten sie sich ganz ihrem gemeinsamen Hobby und wagten damit eine ungewöhnliche, aber für sie stimmige Entscheidung.
Doch welcher Weg ist jetzt der richtige?
Der Übergang von der Schule ins Berufs- oder Studienleben ist für AbiturientInnen eine prägende und herausfordernde Zeit. Während einige bereits klare Ziele vor Augen haben, fühlen sich andere unsicher und orientierungslos. Jungen Menschen stehen nach der Schule grenzenlose Möglichkeiten offen. Und obwohl viele den traditionellen Weg eines Studiums oder einer Ausbildung wählen, sind das nicht die einzigen Möglichkeiten, die zum Ziel führen.
Letztendlich gibt es keinen richtigen oder falschen Weg. Die Geschichten von Filippa, Sena, Yannik und Louis zeigen, dass es entscheidend ist, dass jeder seinen individuellen Weg wählt, der am besten zu einem selbst passt. Das kann der klassische Studiengang oder die Ausbildung sein. Es kann auch ein unkonventioneller Weg sein, der sich vom Mainstream abgrenzt. Wichtig ist, dass der Weg zu einem passt und einen erfüllt.
Titelbild: Sarah Matos da Silva