Es existieren über 200 verschiedene Arten von Kopfschmerzen. Mit über 18 Millionen Betroffenen allein in Deutschland gehört Migräne zu den häufigsten Formen. Laut der Schmerzklinik in Kiel könnte die Dunkelziffer jedoch deutlich höher liegen, da drei von vier betroffenen PatientInnen oft ohne Diagnose nach Hause gehen, nachdem sie ärztlichen Rat gesucht haben. Dies liegt möglicherweise daran, dass viele Kopfschmerzarten ähnliche Symptome aufweisen, ÄrztInnen nicht ausreichend über die neuesten Entwicklungen in der Migräneforschung informiert sind oder nicht genügend Zeit für eine umfassende Untersuchung aufwenden können.
Migräneattacken sind durch einseitige, pochende Kopfschmerzen gekennzeichnet. Während dieser Phase ist an Bewegung kaum zu denken und das Bedürfnis nach Ruhe und Dunkelheit ist ausgeprägt. Es können Begleitbeschwerden auftreten, welche bei jedem Betroffenen unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Die starken Kopfschmerzen sind meist von Übelkeit, Licht-, Geruchs-, und Lärmempfindlichkeit sowie Erbrechen und Gliederschmerzen begleitet.
Grafik 1: Begleitsymptome bei Migräne; Quelle: Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne. Dmkg.de
Was eine solche Migräneattacke auslöst, kann bei jedem Betroffenen unterschiedlich sein. Schlafmangel, Stress, Menstruation, sowie zu wenig, oder falsches Essen können die sogenannten Triggerpunkte darstellen. Diese Ursachen können jedoch variieren, genauso wie der Verlauf einer Attacke bei jedem unterschiedlich ist.
Ob mit oder ohne Diagnose, viele Menschen, die unter Kopfschmerzen leiden, greifen schnell zu Medikamenten, um die Symptome zu unterdrücken. Darunter fallen Aspirin, Ibuprofen oder Paracetamol. Wer eine Migränediagnose erhalten hat, bekommt häufig auch Triptane verschrieben. Dabei handelt es sich um spezielle Medikamente gegen Migräne. Triptane bringen jedoch nicht nur Vorteile mit sich. Viele Betroffene, die bereits Triptane eingenommen haben, berichten von starker, anhaltender Müdigkeit, Schwindel und allgemeiner Schwäche. Auch dürfen Triptane, so wie andere Schmerzmittel, nicht übermäßig eingenommen werden, da sie sonst selbst zu Kopfschmerzen führen könnten oder eine Abhängigkeit entstehen kann.
Aus diesen Gründen sowie der Angst vor möglichen Nebenwirkungen, eine Medikamentenunverträglichkeit oder dem Wunsch nichts unversucht zu lassen, greifen Betroffene zu alternativen, medikamentenfreien Behandlungsmethoden. Ein häufiger Grund dafür ist auch, dass Medikamente erst bei einer bereits eingetretenen Migräneattacke eingenommen werden. Alternativen ermöglichen hingegen präventiv gegen Migräne vorzugehen und die Häufigkeit der Anfälle zu reduzieren.
Auf der Suche nach der passenden Therapie
Im Internet findet sich eine Vielzahl von alternativen Behandlungsmethoden. Beispiele dafür sind Akupressur, Chiropraktik, Diäten, Elektrostimulation, Hypnose, Kältetherapie, Homöopathie, Sauna, Zahnbehandlung, Yoga und viele mehr. Viele Betroffene probieren einiges aus, bevor sie ihren eigenen Therapieweg finden. Emily Schwieger hat die passende Therapie für sich bereits gefunden: Akupunktur.
Akupunktur ist ein spannungslösendes Verfahren, bei dem dünne Nadeln an bestimmten Punkten auf der Haut eingestochen werden. Diese traditionelle, chinesische Heilmethode soll allerdings nicht nur bei Kopfschmerzen helfen, sondern auch andere körperliche Leiden lindern, erklärt Akupunkteurin Anja Staudt. Obwohl die Wirksamkeit dieser Behandlungsmethode noch nicht vollständig bestätigt ist, erfahren weltweit viele Menschen positive Ergebnisse.
Es treten jedoch auch Stimmen auf, welche sich gegen eine solche Behandlung aussprechen. Gerade bei dem sogenannten „Migräne-Piercing“, welches am Ohr angebracht wird, ist die Wirksamkeit stark umstritten. „Studien haben bereits belegt, dass Piercings keinerlei Auswirkungen auf Akupunkturpunkte haben, der Placeboeffekt spielt da natürlich eine große Rolle“, äußert sich das Braunschweiger Piercingstudio „Zone“ zu dieser Behandlungsmethode und betont, dass sich seriöse PiercerInnen von einem solchen Heilversprechen distanzieren sollten.
Anders sieht es bei einer Ernährungsumstellung aus. Bei einer passenden Diagnose mit Migräne und Auslösern, welche auf die Ernährung zurückzuführen sind, kann eine angepasste Ernährung nachweislich helfen. Ernährungsexpertin Anna, die seit ihrer Kindheit unter Migräne leidet, hat sich auf die ketogene Ernährung spezialisiert. Die ketogene Ernährung ist eine Kohlenhydrat- und zuckerarme Diät, die darauf abzielt, den Körper in einen Zustand der Ketose zu versetzen. Dabei bleiben Lebensmittel wie Brot, Nudeln oder Kartoffeln im Regal stehen, während vermehrt auf fettreiche Nahrungsmittel wie Käse, Fleisch oder Avocados zurückgegriffen wird.
Trotz der beeindruckenden Erfolge, die Anna durch ihre Strategie gegen Migräne erzielt hat, bleibt sie offen für die Unterstützung von Medikamenten und greift darauf zurück, falls eine Migräneattacke unvermeidbar ist. Obwohl Anna die vielen Vorteile der ketogenen Diät schätzt – von verminderten Heißhungerattacken bis zu einem generellen Gefühl der Fitness und reduzierten Migräneattacken – ist sie sich bewusst, dass sie diese Ernährungsform nicht langfristig aufrechterhalten kann[MH1] . Für sie ist eine ausgewogene Ernährung entscheidend für die Gesundheit. Deshalb macht sie auch gelegentlich Ausnahmen, selbst wenn dies potenziell eine Migräne auslösen könnte. Ihr Ziel ist es, sich nicht von der Krankheit bestimmen zu lassen und gleichzeitig auf ihre Gesundheit zu achten.
Auf dem Weg eine Behandlungsmethode für sich selbst zu finden, probieren MigränepatientInnen einiges aus. Manche versuchen es auch über einen spirituellen Weg, welcher die Ursprünge der Krankheit ergründen soll. Auf die Thematik Hypnose und die Arbeit mit dem inneren Kind hat sich Anna Teichert spezialisiert. Durch ihre persönlichen Erfahrungen mit Migräne seit ihrer Jugend ist sie davon überzeugt, dass ihre Erkrankung auf Erlebnisse aus ihrer Kindheit zurückzuführen ist. Infolgedessen hat sie sich selbstständig gemacht, um anderen Frauen dabei zu helfen, ihr inneres Kind zu heilen und emotionale Blockaden zu lösen.
Auch Anna Teichert lehnt Medikamente nicht grundsätzlich ab, bei ihr haben sie nach langen Jahren der Einnahme jedoch an Wirkung verloren. „Die Arbeit mit und an sich selbst kann nur funktionieren, wenn man sich wirklich darauf einlässt“, sagt sie. Dies sei jedoch schwierig, da viele Menschen eine generelle Abneigung und Angst gegenüber der Thematik Hypnose hätten. Dies würde einer solchen Behandlungsmethode im Weg stehen.
Die Balance zwischen Medikamenten und Alternativen
Egal ob Hypnose, Akupunktur, eine Ernährungsumstellung oder eine ganz andere Art der medikamentenfreien Behandlung, sie sollte mit einem Arzt oder einer Ärztin abgesprochen sein. Die meisten MigräneexpertInnen sind sich einig, dass eine Kombination aus einer medikamentösen und einer nicht-medikamentösen Behandlung der richtige weg sein kann. Gerade zur Prophylaxe eignet sich laut den Fachkräften im Kantonsspital Winterthur eine Kombination aus alternativen Behandlungsmethoden und passenden Medikamenten. Für eine Akuttherapie seien Medikamente jedoch wirksamer.
Dies ist auch der Grund, weswegen viele Arzte von alternativen Behandlungsmethoden absehen. Die Wirksamkeit von schmerzlindernden Medikamenten ist nachweisbar, im Gegensatz zu den meisten nicht-medikamentösen Behandlungsmethoden. Trotzdem verlassen sich viele Betroffene auf ihre individuellen Methoden, die sie im Verlauf ihrer Krankheit spezialisieren konnten. Genau deswegen ist es wichtig, eine sichere Diagnose der Krankheit zu erhalten. Sonst können die Behandlungen, welche ausprobiert werden, nicht die gewünschte Wirkung erzielen. Wichtig zu beachten ist auch der Ursprung der Migräne. Wer diesen kennt kann Trigger vermeiden und noch gezielter gegen die Krankheit vorgehen, ohne nur die auftretenden Symptome zu behandeln.
Für manche PatientInnen helfen nur Medikamente und wiederum andere haben ihren Weg zur Gesundheit durch ausschließlich alternative Behandlungsmethoden gefunden. Am Ende ist es jedoch wichtig, seinen eigenen, ausgewogenen Weg zu finden, mit der Krankheit umzugehen und sich nicht von der Migräne bestimmen zu lassen.