Eine Glosse von Merle Schröder
Ein langer Tag, ein gemütlicher Abend und der Vorsatz, nur eine Folgezu schauen. Klingt realistisch, oder? Spoiler: Ist es nicht. Zwischen Chips, Streamingdiensten und der nächsten Serie verliere ich mich regelmäßig im Binge-Wahnsinn. Ich nehme euch in meinen ganz alltäglichen Teufelskreis aus Selbsttäuschung, Schlafmangel und Serienliebe mit. Denn wir wissen doch alle: Eine Folge ist nie genug.
Es fängt immer ganz harmlos an. Ich komme nach einem langen Tag nach Hause – Uni, Arbeit, irgendetwas halt – und denke mir: jetzt einfach nur Füße hoch, Hirn aus und Serien an. Ich schmeiße mich auf die Couch oder direkt ins Bett, strecke mich einmal genüsslich und greife zum treuesten Begleiter meiner Abende: der Fernbedienung.
Natürlich fällt mir in diesem Moment ein, dass ich mein Netflix-Abo mal wieder nicht bezahlt habe. Macht nichts, denn ich bin ja vorbereitet. Amazon Prime, Disney+, Sky – mittlerweile gibt es wahrscheinlich sogar mehr Streamingdienste, als ich überhaupt zählen kann.
Deswegen: nächster Anbieter, nächster Versuch.
Snacks? Natürlich. Keine Serie ohne Chips oder Schokolade.
Da bleibt nur die Frage, was schaue ich heute? Gossip Girl, The Vampire Diaries oder doch Grey‘s Anatomy…
Nachdem ich mich endlich für Grey‘s Anatomy entschieden habe, geht die Serie endlich los. Ich bin skeptisch, so wie immer, und denke mir: Mal sehen, ob es wirklich noch so gut ist, wie alle sagen. Nach 21 Staffeln bin ich natürlich etwas skeptisch.
25 Minuten später bin ich emotional investiert, habe immer noch einen Crush auf McDreamy
und schaue mir bereits TikTok-Edits über meine neuen Lieblingsschauspieler an. Dann kommt auch schon das Outro von der ersten Folge. Die Credits rollen und ich liege da, schaue in die Dunkelheit meines Zimmers und fange an zu grübeln …
Noch eine Folge? Ja okay, aber nur eine.
Das ist eine Lüge – ich weiß es. Mein Fernseher weiß es. Selbst Amazon Prime weiß es.
Und trotzdem rede ich mir ein: Ich schaue nur noch eine Folge.
Spoiler: Es bleibt nicht bei einer Folge, wie ich es mir schon gedacht habe.
Plötzlich ist es 3:27 Uhr, ich habe mir in meiner Fantasie eine neue Identität in der Serienwelt aufgebaut und mein Wecker grinst mich bereits an.
War es mir wert so lange für eine Serie wach zu bleiben? Klar. Würde ich es wieder tun? Ich denke, wir alle kennen die Antwort.
Titelbild: Tablett und Laptop auf dem Bett, Foto von Merle Schröder