Fußballfans – Was unterscheidet Supporter, Ultras und Hooligans?

Eine Trennung der einzelnen Fangruppierungen ist nicht so kompliziert. Die einzige offensichtliche Gemeinsamkeit zwischen Hooligans und Supportern ist die Sympathie zu einem Verein, trotzdem werden sie häufig miteinander verwechselt. Während die meisten Ultras linkspolitisch angesiedelt sind, findet man bei den Hooligans viele Schnittpunkte mit der rechtsextremen Szene.

Gewalt durch Hooligans ist kein neues Thema im deutschen Fußball. Während Ausschreitungen außerhalb des Platzes immer mehr zunehmen, ist es wichtig zu verstehen, wer daran beteiligt ist und welche Hintergründe diese Krawalle haben. Durch eine höhere Gewaltbereitschaft der Ultras in den letzten Jahren, scheinen die Grenzen zu Hooligans immer mehr zu verschwimmen.

Laut der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) wurde der Begriff „Hooligan“ schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts von englischen Zeitungen verwendet, um Personen zu beschreiben, die im Rahmen von Fußballspielen durch ein gewalttätiges Auftreten auffallen. In den 1970er Jahren etablierte sich der Begriff auch in Deutschland, als die Unruhen in Fußballstadien zunehmend organisierter und häufiger stattfanden. Obwohl es früher schon öfter Konflikte im Rahmen eines Spiels gab, waren diese weniger systematisch geplant und erforscht, sondern erschienen zufällig.

Besonders in den 1980er Jahren wurden Fußballspiele in ganz Europa immer wieder von Ausschreitungen zwischen Hooligans überschattet. Eine der schlimmsten Tragödien der letzten Jahrzehnte war die Katastrophe von Heysel am 29. Mai 1985, bei der 39 Menschen ums Leben kamen. Während eines Europapokalspiels zwischen dem FC Liverpool und Juventus Turin kam es im belgischen Heysel-Stadion zu einer Massenpanik, als gewaltbereite AnhängerInnen des englischen Vereins den neutralen Publikumsbereich stürmten, welcher hauptsächlich mit italienischen Fans besetzt war. Bereits vor dem Spiel gab es einige Ausschreitungen zwischen den gegnerischen Fangruppierungen, die sich mit Steinen der bröckelnden Tribüne beworfen haben. Neben den 39 Opfern der Tragödie wurden laut dem WDR mehr als 450 weitere Personen verletzt. Nach einem langwierigen Prozess wurden 14 Liverpool-Hooligans zu Haftstrafen von bis zu drei Jahren verurteilt.

Hooligans kennzeichnet also die Gewaltfaszination, während das Spiel nebensächlich erscheint. Unter Fußballfans gibt es jedoch noch weitere Gruppen, die im medialen Diskurs und der Alltagssprache, aufgrund der teilweise engen Verbindungen, oftmals vertauscht werden.

Fußballfans lassen sich in A-, B- und C-Fans nach Gewaltbereitschaft einteilen. Kategorie A beschreibt die friedlichen Fans, die live bei einem Spiel dabei sein wollen. Unter Kategorie B fallen Fans, die gewaltbereit sind, jedoch nicht aktiv Gewalt suchen. Kategorie C sind gewaltsuchende Fans, die mit der Intention zu einem Fußballspiel fahren, Gewalt auszuüben. Fanforscher Robert Claus beschrieb Hooligans in seinem Buch „Hooligans. Eine Welt zwischen Fußball, Gewalt und Politik“ als Fans der Kategorie C.

Was Ultras auszeichnet

Die Ultra-Bewegung hat ihre Wurzeln in Italien, als sich zu Beginn der 1950er Jahre fußballfanatische Jugendliche zusammenschlossen, um ihren Verein bestmöglich und lautstark zu unterstützen. Anfang der 1990er Jahre etablierte sich die jugendliche Subkultur auch in den Fankurven der deutschen Fußballstadien. Nach der Etablierung von Fanprojekten, um für mehr Sicherheit zu sorgen, zogen sich die Hooligans immer weiter aus den Stadien zurück und die Dominanz der Ultras auf den Rängen wuchs. Mit der Zeit beanspruchten sie für sich, die einzig wahren Fans zu sein.

Die Polizei definiert Ultras auf ihrer Internetseite als „besonders fanatische Anhänger einer Mannschaft“, die oft in engem Kontakt mit dem Verein stehen. Die Hauptziele dieser sind, die Tradition des Vereins zu bewahren und die Mannschaft lautstark mit Fangesängen und Choreografien zu unterstützen. Dazu gehört für die Ultras allerdings häufig auch der Einsatz von Pyrotechnik wie Feuerwerkskörper oder bengalisches Feuer, das in Deutschland verboten ist. Der Einsatz wird entsprechend strafrechtlich verfolgt. 

Nicht selten kommt auch Pyrotechnik zum Einsatz. (Quelle: Pexels/Leslaw Dzik)

Supporter hingegen sind Fans, die den Verein sehr stark unterstützen und jedes Spiel schauen. Im Gegensatz zu den Ultras stehen sie jedoch nicht in einem so engen Austausch mit dem Verein und weisen keine Spezifika der jugendlichen Subkultur auf. 

Bei den Ultras ist die Gewalt unter Umständen eher ein Mittel zum Zweck, um den Verein bedingungslos zu unterstützen und verteidigen. Hooligans dagegen werden von der Polizei als „fanatische Anhänger eines Sportvereins“ definiert, die sich abseits des Platzes zur sogenannten „dritten Halbzeit“ treffen, um sich mit anderen Hooligan-Gruppen kämpferisch zu messen. Neben den gelegentlichen Treffen außerhalb des Fußballs sind Hooligans in Kampfsportarten, wie Mixed Martial Arts (MMA), immer aktiver geworden und haben sich damit ein internationales Netzwerk zu anderen Hooligan-Gruppen aufgebaut.

Durch ein sehr traditionelles Männlichkeitsbild mit der Gewalt als Wettbewerbsfunktion stellen bestimmte Hooligangruppierungen eine Nähe zu rechtsextremen Szenen dar. Ein Beispiel für diese Schnittpunkte sind die Vereins- und Fanstrukturen des Chemnitzer FC. Dort unterstützte der Verein im März 2019 eine Trauerfeier, während des Spiels gegen die VSG Altglienicke, für den verstorbenen Hooligan Thomas Haller. Er war Mitbegründer des Chemnitzer „HooNaRa“-Netzwerkes (Hooligans, Nazis, Rassisten), hatte also eine deutlich rechtsextreme Vergangenheit und trotzdem war er jahrelang Sicherheitschef bei dem Chemnitzer FC. „HooNaRa“ war eine gewaltbereite Fangruppe aus dem Chemnitzer Fußball- und Security-Umfeld, die nach dem Tod ihrer damaligen Führungsfigur Rico Malt offiziell aufgelöst wurde. In einem Interview mit der linken Wochenzeitung „Jungle World“ sagte Haller allerdings: „Eigentlich gibt es ‚HooNaRa‘ nicht mehr, andererseits sind wir in einer halben Stunde da.“

Rechtsextreme Gruppierungen nutzen die Hooligan-Kultur oftmals als Rekrutierungsmedium, weil sie leicht an ideologischen Themen wie Kampf, Sieg, Ehre und Stolz auf den eigenen Verein sowie Konkurrenz und Feindschaft gegenüber anderen Vereinen anknüpfen können. Durch die Mitgliedschaft in einer Männergemeinschaft und die verbindenden Feindbilder sowie dem gemeinsamen Hobby des Kampfsportes werden Jugendliche teils subtil, teils offen an rechtes Gedankengut herangeführt. Sexismus, Homofeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus sowie weitere Elemente gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sind Teil des Selbstverständnisses der rechten Fangruppen. Diese werden dabei verbal in Fan- und Schlachtgesängen oder aber als Teil von Fanbannern oder Kleidung in Symboliken gezeigt. Insbesondere wenn gegnerische Fanszenen als links gelten, wird dies als Provokation und Machtdemonstration genutzt. Nicht alle Hooligans sind rechtsextreme Menschen, doch die Gewalt, die eine zentrale Rolle spielt, verbindet die beiden Szenen miteinander.

Unterschiede zwischen Hooligans und Ultras

Die optische Annäherung der Ultras an die Hooligans und ihr einheitliches Gruppen-Auftreten macht es Außenstehenden nicht leicht, die einzelnen Gruppierungen zu differenzieren. Trotzdem lassen sich die Unterschiede zwischen den Fans relativ deutlich darstellen. Während die Ultras für Stimmung im Stadion sorgen, indem sie ihre Mannschaften mit Choreografien, Bannern und Fangesängen lautstark unterstützen, liegt der Fokus bei den Hooligans eher darauf, Unruhen im Fußballumfeld zu stiften. Bei ihnen geht es um das Event rund um das Spiel, weshalb sie immer seltener auf den Rängen zu finden sind. Stattdessen treffen sie sich vor, während oder nach den Spielen zur sogenannten dritten Halbzeit, um sich in Ackerkämpfen mit gegnerischen Hooligans zu messen und die Ehre ihres Vereins zu verteidigen.

Fußball vereint viele verschiede Menschen miteinander und obwohl die Gründe, warum man ins Stadion geht, unterschiedlich sein können, haben sie alle eines gemeinsam: die Verbundenheit zu einem Verein.

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