Erneuerbare Energien machen in Deutschland über 40 Prozent der Bruttostromerzeugung aus. Dadurch werden laut Bundesumweltamt fast 230 Millionen Tonnen Treibhausgase eingespart. In den letzten 20 Jahren ist dieser Wert um fast das Fünffache gestiegen. Windenergieanlagen sorgen in erheblichem Maße dafür, die Auswirkungen des Klimawandels langfristig zu minimieren. Einen Teil zur Energiewende tragen Unternehmen wie das von Familie Heidebroek bei.
Die von einer Windkraftanlage erzeugte Energiemenge hängt im Wesentlichen von der Windstärke, Narbenhöhe und Rotordurchmesser sowie der umliegenden Topografie ab. Eine durchschnittliche moderne Anlage mit fünf Megawatt Nennleistung produziert an einem guten Standort jährlich mehr als zehn Millionen Kilowatt Strom pro Stunde. „Dadurch können im Jahr bis zu 3.500 Haushalte versorgt werden“, erklärt der Geschäftsführer der Landwind GmbH, Alexander Heidebroek.
Das in Deutschland vorhandene Windaufkommen liefert für den Bau neuer Windparks großes Potenzial. Doch die Realität sieht anders aus. Derzeit stehen 0,9 Prozent der Fläche in Deutschland für Windenergie zur Verfügung. Zwei Prozent würden jedoch bundesweit für die Verwirklichung der Klimaziele bis 2030 benötigt werden, erklärt Bärbel Heidebroek, Vorsitzende des Landesverbandes für erneuerbare Energien.
Wie hoch die Anzahl der in Zukunft benötigten Anlagen ist, lässt sich schwer abschätzen. Viele Entwicklungen müssen in die Planung einbezogen werden: Der steigende Stromverbrauch, mögliches Einsparpotenzial sowie zukünftige Technologien. Aktuelle Anlagen produzieren die nahezu neunfache Energiemenge wie noch vor 20 Jahren, so der Bundesverband für erneuerbare Energien. Windenergieanlagen und Windparks entwickeln sich zu immer komplexeren Systemen. Die Baugruppen der Elektrik, Elektronik und Sensorik sind im Betrieb diversen wechselnden Belastungen ausgesetzt. Eine regelmäßige Wartung und Instandhaltung sichern den zuverlässigen Betrieb der Anlagen.
Trotz dieser Entwicklungen stagniert der Ausbau der Windenergieanlagen seit 2017. Auch dadurch ist das Erreichen der Klimaziele gefährdet. Hauptgrund für den Stop/die Verzögerung des Ausbaus ist die im selben Jahr beschlossene Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Bis zu dem Zeitpunkt galten für den Bau eines Windparks festgelegte Fördersätze. Für jede eingespeiste Kilowattstunde erhielt der Betreiber eine gesetzlich vorgegebene Vergütung. Durch den Beschluss wird diese nun über Ausschreibungen – also über den Markt – geregelt. Dies habe zu „einer großen Verunsicherung in der Branche“ geführt, bedauert Bärbel Heidebroek. Die Vergütung falle durchschnittlich geringer aus. Gerade kleinere UnternehmerInnenstünden vor einer großen Hürde. Logistische sowie finanzielle Sorgen seien das größte Problem, so Heidebroek weiter. Der Preiskampf unter den Anbietern drängt etliche Unternehmen aus dem Markt.
Nach Angaben des Bundesverbandes für Windenergie liegt der Hauptgrund für den Einbruch in den fehlenden genehmigten Flächen und Klagen gegen vorhandene und weitere Windenergieanlagen. 2019 seien mindestens ein Fünftel der schon angemeldeten Anlagen vor Gericht angefochten worden. Dies bringe eine Verlangsamung des Genehmigungsverfahrens mit sich, berichtet der Bundesverband für Windenergie.
Alexander Heidebroek klärt auf: Windenergieanlagen müssen keinen pauschalen Abstand zu Ortschaften einhalten, es hänge von Größe und Geräuschentwicklung sowie vom einzelnen Bundesland ab. Schon nach wenigen 100 Metern sei das monotone Rauschen der Rotorblätter nicht mehr als störend wahrzunehmen. Der „Deutsche Naturschutzring“ weist außerdem darauf hin, dass moderne Anlagen in 200 Metern Entfernung eine Schallbelastung von circa 45 Dezibel verursachen. Straßengeräusche mit mittelmäßig frequentiertem Verkehr sind mit 90 Dezibel angegeben. Dennoch beklagen AnwohnerInnen den zu geringen Abstand und den damit verbundenen Lärm.
Die häufigsten Klagen werden jedoch von NaturschützerInnen veranlasst. Diese setzen sich in dieser Beziehung für bedrohte Vogel- und Fledermausarten ein und fordern den Verzicht von Eingriffen in die Natur. Die Realisierung von Projekten soll so naturverträglich wie möglich sein. Auf „Nationalparks, Kern- und Pflegezonen von Biosphärenreservaten sowie Naturschutzgebiete“ solle generell verzichtet werden, so das Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz. Vor jedem Bau fände eine faunistische Untersuchung statt. Die betroffenen Tierarten werden dabei in dem Territorium erfasst und analysiert. Reinhard Wagner, Vorsitzender des NABU in Helmstedt erinnert daran: Laut Naturschutzgesetz ist es verboten, seltene Tiere zu stören oder zu töten.
Mit dem Bau eines Windparks gehen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einher. Diese sollen den Eingriff in die Natur kompensieren und die Tierwelt nach der Fertigstellung schützen. Diese Eingriffsregelung ist im Bundesnaturschutzgesetz verankert und somit verpflichtend.
„Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können.“ (§ 14 Abs.1 BNatSchG)
Die Ersatzmaßnahmen sind vielfältig. Bevorzugt wird die Pflanzung von Gehölzen, Aufforstung, das Anlegen von Blühstreifen oder Gewässern sowie zusätzliche Zahlungen für andere Naturschutzmaßnahmen. „Prinzipiell ist alles möglich“, erklärt Bärbel Heidebroek: „Durch unsere Projekte wurden beispielsweise Hecken und Streuobstwiesen angelegt. Ausgleichszahlungen gab es auch.“
Aktuell Thema ist zudem das Repowering, also das Ersetzen alter Anlagen durch neue. Die ausrangierten Anlagen sollen anschließend im Optimalfall ans Ausland verkauft, als Ersatzteillager genutzt oder recycelt werden. Repowern bietet den Vorteil, dass mehr Energie am gleichen Standort produziert wird. „Der Eingriff ins Landschaftsbild ist vergleichbar, die Anlagen sind lediglich höher“, so Alexander Heidebroek. Dadurch finde eine geringere Beeinträchtigung vieler Tierarten statt. „Es ist wichtig, dass wir versuchen, so wenig wie möglich in die Natur einzugreifen“, betont der Landwirt-GmbH-Chef. Nur durch eine Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Umweltschutz könnten die Windparks verbessert und weiter ausgebaut werden.