„Ich bin immer noch eine Heulsuse auf dem Friedhof“

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Doch im Beruf des Bestatters ist sie längst gestorben – jetzt zählt nur noch die Frage: Welcher Sarg als nächstes?

Es ist ein kühler, nebliger Morgen, als ich die Tür des Bestattungsunternehmens öffne. Der Duft von frischem Lavendel und poliertem Holz liegt in der Luft. Mein Blick schweift in einen Raum links neben mir, wo sich ein einfacher, aber eleganter Sarg, umgeben von gedämpftem Licht, befindet. Freundlich bittet mich eine Frau in einem kleinen Nebenraum Platz zu nehmen. Ich bin hier, um eine Frage zu beantworten, die viele Menschen beschäftigt: Sind BestatterInnen wirklich so abgestumpft, wie es oft heißt?

Gerrit Gebauer, ein schlanker Mann in seinen Dreißigern mit freundlichen Augen und ruhiger Ausstrahlung, und seine ebenso herzliche, aber etwas stillere Kollegin Daniela Höwer, die ebenfalls Anfang dreißig ist, begrüßen mich mit einem festen Händedruck. „Kommen Sie herein, setzen Sie sich“, sagt Gerrit, während er auf einen ungemütlichen Holzstuhl deutet. Er und Daniela haben sich bereit erklärt, einen Einblick in ihren Alltag und ihre Gefühle zu geben – ein Blick hinter die Kulissen in einer der emotional anspruchsvollsten Berufe, die es gibt.

„Viele Leute denken, wir Bestatter seien gefühllos, weil wir täglich mit dem Tod zu tun haben“, beginnt Gerrit, während er sich in den Stuhl sinken lässt. „Aber das könnte nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein.“

Über Menschen in der Bestattungsbranche wird häufig gesagt, sie seien soziale Einzelgänger, tragen immer nur Schwarz und sehen dazu auch noch gruselig aus, so Bastian Gineiger von SWR-Heimat. Trotz der weitverbreiteten Meinung, dass BestatterInnen emotionslos und kalt sind, zeigt mein Gespräch mit Gerrit Gebauer und seiner Kollegin Daniela Höwer, BestatterInnen aus Wolfsburg, ein ganz anderes Bild. 

Bestattungsinstitut Gebauer und der Weg zum Beruf BestatterIn
Das Familienunternehmen GEBAUER, welches sich in der Friedrich-Ebert-Straße in Wolfsburg befindet, wurde 1964 von Katharina Gebauer zusammen mit ihrem Mann Otmar Gebauer und dessen Vater Heinrich Gebauer gegründet. Seit nun über 55 Jahren existiert das Familienunternehmen in Wolfsburg und hat sich von da an stetig weiterentwickelt.

Gerrit Gebauer, der dort seit 2018 Bestattermeister ist, möchte über die Vorurteile aufklären und zeigen, wie vielfältig dieser Beruf ist.

Ein leichtes Stöhnen aus seinem Mund, als die Frage aufkommt: „Bist du freiwillig in das Familienunternehmen eingestiegen oder gab es dabei einen gewissen Zwang?“ Wahrscheinlich, weil diese Frage schon oft von ihm beantwortet werden musste. Doch mit einem breiten Lachen im Gesicht und einer humorvollen Stimme erzählt Gerrit von seinen beiden Optionen. Entweder er strengt sich mit seinen jungen 16 Jahren und dem darauffolgenden Abitur an, um das zu studieren, was ihn wirklich interessiert, oder laut Gerrit: „Ich werd’ halt Bestatter.” Aber nein, Zwang gab es keinen. Die kompletten sechs Wochen Sommerferien arbeitet er daraufhin bei GEBAUER als Praktikant, denn als Kind schwimmt man im Ungewissen, was die genauen Aufgaben von BestatterInnen überhaupt sind. Doch langsam steigt die Begeisterung für den Job bei dem Jungen auf, denn er sieht die Komplexität des Berufes und die Möglichkeit, Menschen zu helfen.

Damals wäre Gerrit keinesfalls mit seinem Opa in die Bestattungsbranche eingestiegen, nicht weil er ihn nicht leiden konnte, sondern früher gab es keine wirkliche Abwechslung in der Bestattungsbranche. Ständig dieselben drei Fragen: Heller oder dunkler Eichensarg, evangelischer oder katholischer Pastor, betende Hände oder schlichtes Kreuz. „Es gab keine Abwechslung, zu viel ‚08/15‘“, sagt Gerrit. Dies wäre ihm zu langweilig gewesen.

Mit einer bedeutend lebhafteren Stimme erzählt er, dass die Branche heutzutage viel individueller, viel bunter geworden ist und sie sich in einem noch laufenden Wandel befindet. Von bis gibt es keine Grenzen. Die BestatterInnen müssen viel kreativer werden und somit entwickelt sich alles in eine deutlich spannungsvollere Richtung.

In dem Holzstuhl rechts neben Gerrit sitzt Daniela mit einem gesenkten, ruhigen Blick, zu sehen ist nur die Bewegung ihres Ein- und Ausatmens auf der Brust. Erst als Gerrit sie anspricht, richtet sie den Blick nach oben und erzählt etwas über ihren eigenen Weg in die Bestattungsbranche.

Daniela wollte schon in ihren jungen Jahren Menschen auf ihrem Lebensweg unterstützen, jedoch hatte sie mit dem Thema Bestattung nie etwas zu tun, erzählte sie. Erst studiert sie drei Semester Lehramt, doch unerwartet treten zwei Sterbefälle in ihrer Familie auf. Auf dem Heimweg vom Bestattungsinstitut, bemerkt Daniela, wieviel Last den Hinterbliebenen abgenommen wird und wie dankbar diese sind, dass „ihnen in einer Lage geholfen wird, in der jeder Hilfe braucht“, erzählt sie mit einem leichten Funkeln in den Augen und einem kleinen Lächeln im Gesicht. Plötzlich wusste sie: Das ist der Beruf, den sie ausüben möchte. Daniela beendet ihr Lehramtsstudium sofort und schließt die dreijährige Ausbildung zur Bestatterin mit Erfolg ab.

Einen kurzen Moment war es im Beratungsraum ganz still, zu hören war nur ein leiser Atemzug. Das Fenster stand einen halben Zentimeter weit offen, wodurch ein leichter Windzug durch Danielas Haare wehte. Als sie sich die Strähne aus ihrem Gesicht streicht, setzt sie ihr Erzählen fort.

Für ihre Freunde und Familie war es ein riesen Schock. Jeder hat dieses typisch klischeehafte Bild von BestatterInnen im Kopf. „Mama, ich höre auf mit dem Lehramtsstudium, ich möchte gerne Bestatterin werden“, sagte Daniela an einem Mittwochmorgen am Frühstückstisch zu ihrer Mutter, während dieser ruckartig der Kaffee aus der Hand fiel und über den ganzen Tisch lief. Auch hat sie dadurch viele FreundInnen verloren, die persönlich nicht mit dem Thema umgehen konnten. Mittlerweile empfinden Danielas Freunde und auch ihre Mutter die Berufsentscheidung als gut und unterstützen sie zu jeder Zeit.

Der Umgang mit dem Tod
Nach dieser Frage richtet sich Gerrit in seinem Stuhl kerzengerade auf, seine Mundwinkel gehen nach oben, bilden sich zu einem entspannten Lächeln. Denn er möchte nicht, dass ein Mensch Angst vor dem Tod haben muss.

Es gibt einen Unterschied zwischen dem Tod selbst und dem Weg des Sterbens, denn mit dem Tod umzugehen ist für Gerrit gut machbar, wenn er richtig einsortiert wird. Er selbst habe keine Angst davor, tot zu sein, eher davor, zu sterben, da dort der Leidensprozess mit im Spiel ist.

BestatterInnen selbst sind nicht im Bereich des Sterbens involviert, bei dem es noch um die Hoffnung geht, um Krankheit, um die Pflege. „Wir kommen erst dann ins Spiel, wenn wir nichts mehr falsch machen können, was diese Hoffnung angeht“, erzählt mir Gerrit, während er auf seinem Stuhl von links nach rechts rutscht. Es sei in Ordnung, wenn ein alter Mensch stirbt, denn dies gehöre zum Leben biologisch einfach dazu. Es ist schmerzhaft und auch traurig, jedoch sagen sich Gerrit und seine Kollegin in diesen Momenten: „Sie haben ein hoffentlich schönes Leben gehabt, sie dürfen sterben und unter diesen Umständen kann mit dem Thema Tod auch gut umgegangen werden, denn es war keinerlei Rettung mehr da und der Mensch hat keine Schmerzen mehr.“ Anders sei es, wenn ein Mensch aus dem Leben gerissen wird. Ein kleiner Junge auf dem Heimweg von der Schule. In diesen Momenten hinterfragt man, wo denn die Gerechtigkeit dieser Welt sei. Daniela steht von ihrem Stuhl auf und schließt das Fenster, denn schlagartig wird der Raum ganz kalt.

Wer die Menschen hinter den BestatterInnen sind
Daniela setzt sich wieder in ihren Stuhl und Gerrit nimmt gleichzeitig einen großen Schluck Wasser, an dem er sich fast verschluckt. In dem Beratungsraum wird die Luft plötzlich schwer. Ein perfekter Zeitpunkt, um über die Gefühlsveränderung von BestatterInnen zu sprechen.

„Ich bin immer noch eine Heulsuse auf dem Friedhof”, erzählt Gerrit, und Daniela fängt an, leicht zu grinsen. Die Sonne scheint in Gerrits Gesicht und die Temperatur im Raum steigt wieder an. Gerrit knöpft seine Jacke auf und führt sein Erzählen mit einem seitlichen Blick zu seiner Kollegin fort. Denn, wenn die falsche Musik läuft oder ein eigenes Déjà-vu erlebt wird, heult Gerrit noch immer mit. „Ich hätte eher Angst, wenn es mal nicht mehr so wäre“, bemerkt er schnell hinterher.

Daraufhin fällt seine Kollegin Daniela ihm ins Wort. BestatterInnen müssen emphatisch sein, denn jedes kleine Detail, zum Beispiel bei einer Trauerfeier, zählt. Ob an der Säule nun zehn oder zwölf Kerzen stehen, die Bestattung ist ein einmaliges Ereignis, das für immer in den Köpfen der Angehörigen verankert sein wird. Und wenn BestatterInnen jemals an den Punkt gelangen sollten, an dem sie sagen „es ist mir egal, dann mache ich eben mal so eine Bestattung“, sollte diese Person ihre Berufswahl hinterfragen, kritisiert Daniela.

In der Bestattungsbranche gibt es trotzdem kalte Menschen und auch Gerrit selbst kennt einige persönlich. Dies spiegelt aber eher die ältere Generation wider, die alles einfach nur noch “abarbeitet”. Gerrit versteht dies aber durchaus, denn heutzutage lebt die Branche in einem sogenannten Luxus. Seine Oma und sein Opa saßen von morgens bis abends, angekettet an ihrem Schreibtisch in der Firma oder auch in ihrer Wohnung, die sich direkt oben drüber befand, denn das Telefon konnten sie damals nicht umstellen. Das Ehepaar konnte abends nicht zusammen einkaufen oder spazieren gehen, das Telefon musste 24 Stunden, sieben Tage die Woche, überwacht werden. Heutzutage haben BestatterInnen die Chance, mit dem Handy und der dazugehörigen Dienstleistung sogar am Allersee, einem Badesee in Wolfsburg, am Strand zu sitzen und einen Sterbefall anzunehmen. Es gibt sehr viel mehr Freiraum und daher haben BestatterInnen heute viel mehr Abwechslung.

Ebenfalls merkt Daniela in einer hohen Stimmlage an, dass sie zum Thema „BestatterInnen seien kalte Menschen“ ganz anders denkt. Nach fast fünf Jahren Arbeitserfahrung als Bestatterin sei sie trotz vielen Sterbefällen immer noch sehr herzlich. Man müsse für sich nur eine gewisse Grenze ziehen können und die Trauer quasi “nicht mit nach Hause nehmen”. Daraufhin hebt Gerrit seinen Finger und fängt an, sofort etwas hinzuzufügen. Er erwähnt, dass es vor allem darum ginge, nicht mitzuleiden. Es dürfen Anteilnahmen bei besonders tragischen Fällen, wie zum Beispiel einem verstorbenen Neugeborenen, gezeigt werden. Mit einem verstohlenen Blick im Gesicht erzählt mir Gerrit, dass bei diesen Geschichten seine Frau herhalten muss, sobald er sich zu ihr daheim aufs Sofa setzt und die beiden einen Film zusammen schauen.

Obwohl BestatterInnen zu den Angehörigen eine gewisse Distanz bewahren sollten, sei es wichtig, auch mal zusammen weinen zu können, wenn erzählt wird, dass gerade ein Kind gestorben ist, berichtet Gerrit. Wenn BestatterInnen dort sitzen würden und sagen: „Und welchen Sarg wollen Sie haben?“ oder „Ich hab’ noch Deko vom Vortag im Auto, wir können einfach die nehmen“, dann sollte ein anderer Job gesucht werden. „Diese Menschen gehen schon in den Bereich einer emotionalen Störung.“

Oft ist es aber auch keine Kälte, sondern eher eine Art Schutzwand, die sich aus reinem Eigenschutz aufbaut. Um die Gefühle nicht zu stark an sich heranzulassen, steht Gerrit meist einen kurzen Moment da und sagt zu sich selbst, dass er den Verstorbenen nicht persönlich kennt und ebenfalls die Hinterbliebenen nicht, es ist nicht seine Lebensgeschichte und sein Leben ändert sich durch den Tod dieses Menschen nicht. Man lernt manchmal etwas durch die Geschichte dieses Menschen, aber das Leben von den BestatterInnen verändert sich dadurch nicht.

Um mit Extremfällen gut umgehen zu können, werden diese im Bestattungsinstitut GEBAUER unter den Kollegen aufgeteilt. Es wird untereinander gefragt, wer gerade die Kraft, Energie und Kapazität hat, um sich um so einen Fall zu kümmern, damit eine emotionale Überlastbarkeit verhindert werden kann.

Vor ungefähr zwei Jahren brauchte Gerrit selbst eine Pause von seinem Job, erzählt er mit hektischer Stimme. Seine Frau hatte gerade ihren gemeinsamen Sohn geboren und kurze Zeit später sollte er einen Sterbefall mit einem Neugeborenen übernehmen. Gerrit wirkt auf einmal ganz klein, seine Hände halten nicht still und seine Augen werden leicht glasig. In dem Gesicht des Neugeborenen spiegelte sich auf einmal das Gesicht seines Sohnes wider. Er musste den Fall abgeben, so leid es ihm auch tat, es war zu viel für sein Herz. Zu viel im Kopf, er brauchte eine Pause.

Gerrit bittet darum, das Thema zu wechseln, diese Geschichte lässt immer noch einen kalten Schauer über ihn ergehen, es wird zu schmerzhaft für ihn.

Die Hinterbliebenen und ihre Emotionen
Daniela streichelt Gerrit zärtlich über die Schulter. Um die Situation in eine andere Richtung zu lenken, spricht sie die Betreuung der Hinterbliebenen an, denn dies ist ihre spezifische Aufgabe. Die Betreuung der Hinterbliebenen ist etwas ganz Anderes, denn sie müssen mit dem Schmerz umgehen, bei dem BestatterInnen noch gar keine Rolle spielen. Es kann passieren, dass diese aufgelöst und wütend sind, und oft kriegen Gerrit und Daniela all die angesammelte Wut ab. Damals war der Pastor, der Seelsorger, der erste Anlaufpunkt für die Hinterbliebenen, heutzutage sind es jedoch die BestatterInnen und kriegen so den ganzen Unmut ab.

Die Emotionen der Hinterbliebenen sind immer anders. Auf der einen Seite gibt es die, die wirklich dankbar für die Arbeit der BestatterInnen sind, bei denen dann meist auch keine Schmerzen mehr vorhanden sind. Doch auf der anderen Seite gibt es auch Menschen, deren Zukunft in diesem Moment mitgestorben ist und für sie gibt es leider kein Vorne und kein Hinten mehr.

Für Gerrit ist es jedoch wichtig anzumerken, dass die Trauer um einen 90-jährigen Ehemann genauso intensiv sein kann, wie die um einen 35-jährigen Sohn, der bei einem Unfall ums Leben gekommen ist, denn „im Vorfeld weiß man nicht, was auf uns zukommt”, merkt er rasch an. Die Emotionen der Hinterbliebenen können sich im Laufe der Betreuungszeit immer ändern, aufgrund dessen ist es von Bedeutung, darauf zu achten, wie es ihnen zu diesem Zeitpunkt geht, um auf persönliche Bedürfnisse eingehen zu können.

Gegen Ende der Betreuungszeit sind die meisten Familien allerdings dankbar für die Hilfe, Betreuung und für ein offenes Ohr, denn BestatterInnen sind ebenfalls anonyme Personen, bei denen sich die Leute auch „einfach mal auskotzen können, wie doof die eigene Familie war oder, was der Arzt nicht richtig gemacht hat“, erzählt Daniela mit einem kleinen Grinsen im Gesicht. Plötzlich fängt Gerrit herzlich an zu lachen und hält sich die Hand vor den Mund, diese Situationen kommen ihm bekannt vor.

Trotzdem ist es nicht vorherzusehen, wie Angehörige auf das Thema reagieren. Es sei schwierig, aus ihren leeren Blicken etwas abzulesen. Entweder sitzen sie nach einer halben Stunde Beratung weinend vor einem, mit dem Taschentuch schnaubend die Nase putzen oder sie lachen viel zusammen und freuen sich, dass sie mal eine Nacht durchschlafen konnten, da manchmal auch eine Last von ihnen gefallen ist. Denn der Krankheitsprozess ist nicht nur eine Last für den, der krank ist, sondern auch für die ganze Familie. In diesen Augenblicken versuchen Gerrit und Daniela den Angehörigen mit auf den Weg zu geben, dass es in Ordnung ist, nach dem Tod eines geliebten Menschen auch ein positives Gefühl verspüren zu dürfen. Der Tod bedeutet immer ein großes Zusammenspiel der Gefühle.

Ein leises Klingeln ertönt, Gerrit entschuldigt sich und verlässt für einen kurzen Augenblick den Raum.

Der nächste Sterbefall
Ungefähr fünf Minuten sind vergangen, Gerrit betritt mit einer entschuldigenden Begründung den Raum und setzt sich wieder in seinen Stuhl. Der Nebel vom Morgen ist langsam vorbeigezogen und die Sonne strahlt einem weiterhin auf die Haut. Langsam müssen Gerrit und seine Kollegin Daniela zum nächsten Sterbefall.

Das Gespräch mit Gerrit und Daniela beantwortet die Frage, mit der ich heute morgen durch die Tür gekommen bin, mit einem eindeutigen Nein. Entgegen dem Vorurteil, dass BestatterInnen kalte und emotionslose Menschen seien, haben sich beide als tief einfühlsame und warmherzige Personen erwiesen. Gerrit, der offen zugibt, dass man den Beruf verfehlt habe, wenn man keine Emotionen zeige, hat uns einen Einblick in die menschliche Seite dieses Berufes gewährt. „Ich bin noch immer eine Heulsuse auf dem Friedhof“, sagt er und zeigt damit, wie sehr ihn die Schicksale der Menschen berühren.

Daniela, die den Wunsch hegt, Menschen auf ihrem letzten Lebensweg zu helfen, unterstreicht die Bedeutung von Empathie und Mitgefühl in ihrem Beruf. Ihre Arbeit ist geprägt von einer tiefen emotionalen Verbundenheit mit den Hinterbliebenen, und sie findet Erfüllung darin, Trost zu spenden und in schweren Zeiten zur Seite zu stehen.

Diese Einblicke verdeutlichen, dass BestatterInnen keineswegs kalte Menschen sind. Vielmehr sind sie diejenigen, die in den dunkelsten Stunden des Lebens Licht und Hoffnung spenden. Sie begleiten Familien durch Trauer und Verlust, bieten Unterstützung und schaffen Raum für Abschied und Erinnerung. Das Vorurteil, BestatterInnen seien emotionslos, wird durch die Erfahrungen und Aussagen von Gerrit und Daniela widerlegt. Sie zeigen, dass der Beruf nicht nur technisches Können erfordert, sondern vor allem menschliche Wärme und Einfühlungsvermögen.

BestatterInnen sind weit mehr als nur Dienstleistende; sie sind BegleiterInnen und spenden Trost, verstehen und schätzen den Wert des Lebens und der zwischenmenschlichen Verbindungen.

„Am Ende des Tages geht es nicht nur um den Tod, sondern darum, wie wir unser Leben wertschätzen und einen vorurteilsfreien Umgang miteinander pflegen“, merkt Gerrit zum Abschluss des Gespräches an.

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